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„Niemand sagt, dass Sie ein Nazi sind“ Mann aus Oranienbaum-Wörlitz unter Anklage: Geldstrafe für Nazi-Parole

Weil er ein verbotenes SA-Zitat verwendete, muss ein Mann aus Oranienbaum-Wörlitz eine Strafe zahlen. Der behauptet, er habe nicht gewusst, dass der Spruch verboten ist.

Von Andreas Behling 20.10.2023, 14:30
Ein Mann aus Oranienbaum-Wörlitz muss eine Geldstrafe zahlen.
Ein Mann aus Oranienbaum-Wörlitz muss eine Geldstrafe zahlen. (Symbolbild: Frank Rumpenhorst/dpa)

Dessau/Oranienbaum-Wörlitz/MZ. - „Deutschland erwache“ ist eine Parole einer verfassungswidrigen Organisation. Gebraucht wurde sie von der Sturmabteilung (SA) der Nationalsozialisten, die es aus dem um 1920 verfassten „Sturmlied“ des Nazis Dietrich Eckart entlehnt hatte.

Wer sie heute verwendet, ignoriert das gesetzlich verankerte Verbot, macht sich strafbar und muss mit Konsequenzen rechnen. So ist es am Montag einem Mann aus Oranienbaum-Wörlitz ergangen.

Geldstrafe fällt geringer aus

In einem Berufungsverfahren vor der 4. Strafkammer des Landgerichts Dessau-Roßlau wurde ihm eine Geldstrafe in Höhe von 1.500 Euro auferlegt. Mit der Entscheidung reduzierte die Kammer unter dem Vorsitz von Thomas Knief den Betrag, den das Amtsgericht in Zerbst fixiert hatte, um 500 Euro. Die zweite Instanz berücksichtigte, dass der 35-Jährige in keinem Beschäftigungsverhältnis steht und arbeitssuchend ist.

Der Angeklagte habe „Deutschland“ und „erwache“ eben nicht isoliert voneinander, sondern „in Kombination“ verwendet, hielt der Vorsitzende fest. Damit handele es sich um ein verbotenes Kennzeichen einer verfassungswidrigen Organisation. Den Zusammenhang mit der nationalsozialistischen Ideologie habe der 35-Jährige hergestellt, indem er bekannte, die Parole einer Filmdokumentation entnommen zu haben.

Gesetzt hatte der Oranienbaum-Wörlitzer die beiden Worte als Kommentar unter ein eigenes Video, das von ihm auf einem Internetportal gepostet worden war. Vorgefallen war dies im März 2022, als der Angeklagte in einem Hallenser Gefängnis eine Freiheitsstrafe verbüßte und sich im offenen Vollzug befand. Er habe nicht gewusst, dass die Parole nicht verwendet werden dürfe, verteidigte sich der Mann. Er habe sie benutzt, um Missstände zu kritisieren und weil er „viele Dinge nicht gut“ finde. „Es gibt Preissteigerungen. Und Rentner müssen im Abfall nach Pfandflaschen suchen. Das ist einfach nicht mehr schön“, sagte er.

Ratenzahlung möglich

Nicht in Ordnung sei auch, ihn wegen des Kommentars als Rechten zu bezeichnen. Es wäre „der größte Humbug“, ihm vorzuwerfen, er würde die Nazi-Diktatur verherrlichen. „Niemand sagt, dass Sie ein Nazi sind“, erklärte Staatsanwältin Julia Legner. Aber nach Ansicht des Filmes habe er um die Bedeutung der Parole gewusst. Sie sei aus ihrer Warte auch ersichtlich nicht als Parodie verwendet worden.

Sollte der Angeklagte auf Rechtsmittel verzichten, kann er die Geldstrafe in monatlichen Raten von 75 Euro begleichen. Nach dem Eingang des Kostenbescheids hat er aber auch die Möglichkeit, die Strafe in Arbeitsstunden umwandeln zu lassen.