Lost Places Lost Places: Auf dem Trockenen im Waldbad Jahmo

Jahmo - Die Naherholung ist noch da. Datsche reiht sich an Datsche am Waldrand des Jahmoer Vororts Köpnick, am Straßenrand eine ganze Batterie von Briefkästen. Wunderbar duftet der Wald in der leichten Sommerwärme. Dabei liegt dieses Erholungsgebiet nur wenige Schritte entfernt von der Bundesstraße.
Das dazugehörige „Waldbad“ hat nur als Name überlebt, das Wort steht am modernen Verteilerkasten der Stadtwerke und auf dem historischen Umgebungsplan des landkreislichen „Referats für Tourismus“, auch ein aktueller Stadtplan für die Lutherstadt verzeichnet an dieser Stelle auf dem Papier hartnäckig ein blaues Geviert.
Geheimtipp und Kostenfaktor
Doch 15 Jahre ist es inzwischen her, dass die Bewohner dieser beiden Dörfchen des Wittenberger Ortsteils Kropstädt, das damals noch eine eigenständige Gemeinde war, erstmals in einem Sommer auf dem Trockenen saßen. Der Gemeinde war das Bad zu teuer geworden. Noch im Vorjahr 2002 als „schattiger Geheimtipp“ gehandelt, war die Anlage ein Jahr später endgültig zum Kostenfaktor mutiert.
„Die Gemeinde nimmt zur Badesaison 2003 den Badebetrieb nicht wieder auf“, erklärte im kalten Januar der inzwischen verstorbene Bürgermeister Peter Ackermann (CDU), von einer Schließung mochte er damals allerdings noch nicht reden. Hoffnung keimte am Beckenrand noch einmal 2003 auf, ein Investor von außerhalb versprach einen Campingplatz - mit öffentlichem Badebetrieb - ab 2004, dann aber wurde es still an der Waldkante. Das Freibad landete auf der bis heute geführten inoffiziellen Kropstädter Verlustliste, neben Konsum, „Landhaus“, Schule, Schloss (???).
Dabei befindet sich das „Waldbad Jahmo“ bundesweit freilich in bester schlechter Gesellschaft: Die Zahlen variieren erheblich, doch der Trend ist klar: Seit der Jahrtausendwende soll in Deutschland etwa jedes zehnte Freibad geschlossen worden sein.
Noch einmal, Ende 2007, hörte man vom Bad im Wald bei Köpnick/Jahmo - da gab es die Hoffnung, die EU möge ein „Biotopparadies“ installieren, freilich nicht für Menschen, sondern für die Große Moosjungfer, eine Libellenart, die dort zu Hause war.
Heute bewohnt
Drei große rotbraune Hunde preschen Richtung Zaun, Ridgebacks offenbar, wenn man sich heute dem früheren Badgelände nähert. Es ist offenkundig bewohnt, wie auch Ortsbürgermeister Enrico Schulze (CDU) bestätigt. Pkw und Maschinen stehen auf dem ebenso unübersichtlichen wie weitläufigen Terrain. Ob das Schwimmbecken zurückgebaut worden ist, sei ihm nicht bekannt, so der Ortsbürgermeister.
Hinter der Umzäunung, dort wo das Erholungsgebiet im Süden in idyllische Wiesenlandschaft übergeht, ist noch ein kleines blaues Becken sichtbar, angesichts seiner geringen Tiefe dürfte es sich um das frühere Nichtschwimmerbecken handeln.
Nichtschwimmer sind vermutlich die wenigsten der Bewohner in und um Kropstädt. Von den insgesamt knapp 1150 Menschen, die dort leben, entfällt zahlenmäßig der kleinste Teil auf den Nachwuchs: Kinder und Jugendliche bis 17 Jahre machen etwa in Köpnick keine zehn Prozent der Einwohnerschaft aus, in Jahmo, Wüstemark und dem Hauptort Kropstädt sieht deren Anteil etwas besser aus. Von Jahmo/Köpnick fährt heute etwa stündlich ein Bus, in gut 20 Minuten ist man in Zahna. Dort gibt es noch ein schönes Freibad.
Mit dem Rad nach Zahna
Laut Ortsbürgermeister fahren die Kinder, so sie nicht „Taxi Papa“ nutzen, meist allerdings mit dem Fahrrad oder, wenn sie älter sind, mit dem Moped zum Baden nach Zahna. Aber besonders viele in dieser Altersgruppe gebe es in Kropstädt ja gar nicht mehr, gibt Enrico Schulze zu bedenken, der selbst dort aufgewachsen ist. Ach ja, sagt er, das Waldbad. „Als Kinder haben wir den ganzen Sommer dort verbracht.“ (mz)