1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Wittenberg
  6. >
  7. Lesung mit Frank-Rainer Schurich: Lesung mit Frank-Rainer Schurich: Mordsgeschichten im "Blutigen Osten"

Lesung mit Frank-Rainer Schurich Lesung mit Frank-Rainer Schurich: Mordsgeschichten im "Blutigen Osten"

Von Michael Hübner 07.06.2018, 12:31

Wittenberg - Frank-Rainer Schurich, Ex-Professor für Kriminalistik an der Humboldt-Universität in Berlin, und der Kriminalist Remo Kroll stellten im Mehrgenerationenhaus vier spannende wahre Kriminalfälle aus DDR-Zeiten vor. Sachbezogen und auf Basis der originalen Akten rekonstruieren sie den Tathergang, analysieren die Ermittlungsansätze und lassen die Besucher im voll besetzten Raum an der Aufklärung teilhaben.

Schurich zeigt sich von der großen Resonanz nicht sonderlich überrascht, schließlich sei das Fernsehen „nur noch gruselig“. Kritisiert wird auch die angebliche Sensationsgier der Boulevardjournalisten. Für den Leseanreiz sorgen aber auch die Titel des Ex-Professors.

Die Serie heißt schlicht „Blutiger Osten“. Hier steuert er „Berliner Mordgeschichten“ bei. Es ist trotz des Streifzuges durch die Welt der Verbrechen im Sozialismus ein vergnüglicher Abend. Das Publikum vergleicht das echte Kripo-Duo sogar mit dem fiktiven Ermittler Kriminalhauptkommissar Frank Thiel und Rechtsmediziner Professor Karl-Friedrich Boerne aus dem „Tatort“.

Suche bis Gräfenhainichen

Das freilich liegt auch an Anekdoten, die kaum zu glauben sind. „Sie werden lachen, ihr Mann ist tot“, so soll einer Frau die Todesnachricht übermittelt worden sein. Wer allerdings nun auf Fälle aus der Nähe von Wittenberg, so die Ankündigung, gewartet hat, wird eher enttäuscht den Heimweg angetreten haben.

Allerdings führt die Suche nach einem Doppelmörder auch in die damaligen Kreise Wittenberg und Gräfenhainichen. Der Angehörige der „sowjetischen Streitkräfte“ ist auf der Flucht. Er braucht Zivil-Kleidung. Beim Stehlen wird er überrascht. Er erschießt eine 70-Jährige und eine 20-jährige schwangere Frau kaltblütig. Der Fall ist schnell gelöst, weil der Schütze Uniformteile am Tatort zurück lässt. Es folgt eine akribische Absuche, die zum Erfolg führt.

Schurich lobt mehrfach die Leistung der DDR-Kriminalisten und deren Ausbildung - unter anderem in Aschersleben. Trotzdem habe es auch in der DDR Fehlurteile gegeben. So wird ein Unschuldiger wegen zweifachen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt. „Er war aber am Tatort und ist mit einer Leiche in Berührung gekommen“, so Kroll.

Knabenkiller Dracula

Als der echte Knabenmörder - „Er hat wie ein Wolf seine Opfer gesucht“ - gestellt wird, kommt die Wahrheit ans Licht. Die Kriminalisten bitten den Täter, die Namen seiner Opfer aufzuschreiben und erleben eine Überraschung: Unter den Jungs befinden sich zwei Alt-Fälle, die als geklärt gelten.

Der Serienmörder ist ein Feldwebel der Nationalen Volksarmee (NVA). Das sprengt die Vorstellungskraft der Ermittler. Als klar ist, dass sie in den Reihen der NVA nach dem Täter suchen müssen, geraten zunächst nur Wehrpflichtige ins Visier der Kripo. Im Übrigen, sagt Schurich, wirken Serienmörder wie „ganz nette Leute“. Dagegen sagt der Knabenmörder von sich: „Ich sehe aus wie Dracula. “ (mz)