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Lebensmittelmarkt in Trebitz Lebensmittelmarkt in Trebitz: Nach "Penny" und "Lidl" schließt jetzt auch noch Frische-Markt

Von marcel duclaud 23.10.2013, 18:44
„Nah und gut“ - das gilt nur noch für wenige Tage.
„Nah und gut“ - das gilt nur noch für wenige Tage. klitzsch Lizenz

trebitz/MZ - „Ich muss mich dann auf meine jungen Leute verlassen.“ Sigrid Schneider, 81 Jahre alt, schiebt ihren Einkaufswagen durch den gut sortierten Frische-Markt in Trebitz und weiß, dass sie das nicht mehr oft wird tun können. Der Markt schließt Ende des Monats. Es ist die nächste traurige Kunde für die Bürger der Stadt Bad Schmiedeberg, zu der Trebitz gehört. Erst machte „Schlecker“ dicht, dann folgte der Discounter „Penny“ in Pretzsch, vor wenigen Tagen „Lidl“ in Bad Schmiedeberg - trotz Unterschriftenaktion mit der Bitte an das Unternehmen, den Standort doch zu erhalten.

Alte Menschen trifft das hart

In Trebitz wird nicht protestiert. „Da kann man nichts ändern“, bemerkt Lutz Schütze, der nur eine Zeitung erworben hat. Für ihn sei das Problem nicht so groß, er ist mobil - aber was machen die alten Leute? „Die trifft das hart.“ Die Lebensmittel, die ab November anderweitig besorgt werden müssen, sind die eine Seite. Die andere besteht darin, dass ein solcher Markt nicht zuletzt „ein sozialer Treffpunkt ist“, wie die Trebitzerin Annekathrin Wendt formuliert. „Man kommt mal wieder raus und kann reden“, bestätigt Sigrid Schneider: „Der Weg zum Einkaufen ist mein Spaziergang.“

Leer stehende Geschäfte sind ein zunehmendes Problem - aber eben nicht nur in Bad Schmiedeberg. Händler klagen oft über fehlende Kaufkraft, die demografische Entwicklung tut ein übriges.

Allerdings macht den Geschäftsinhabern ebenso der Trend zum Einkauf bei Discountern und auf der grünen Wiese zu schaffen. Der Ortsbürgermeister von Trebitz, Torsten Schneider, hat deshalb im Februar einen Brief an die Haushalte seines Ortes geschickt. Darin appelliert er: „Stärken Sie die Infrastruktur in unseren kleinen Orten, indem sie sie nutzen und unter Freunden und Bekannten dafür werben.“ Ausdrücklich erwähnt er neben anderen den Lebensmittelmarkt. „Wenn sie nicht mehr da sind, werden wir sie schmerzlich vermissen.“ (mac)

Inhaber des Trebitzer Geschäftes ist Karl-Heinz Kiesel, Einzelhändler in dritter Generation. Er betreibt im nahen Pretzsch noch den Edeka-Aktiv Markt. Der, versichert Kiesel, steht nicht zur Disposition. Trebitz sei nicht zu halten, weil die Kosten steigen und die Einnahmen sinken. Weil, wie Marktleiterin Elke Hensel hinzufügt, Trebitz durch Pretzsch finanziert werde. Das sei auf Dauer nicht machbar: „Irgendwann kommt der Punkt, da geht es nicht mehr.“ Das Trebitzer Geschäft schreibt nach ihren Worten seit drei Jahren rote Zahlen. „Wir haben versucht, gegenzusteuern.“ Durch Investitionen, neue Regale zum Beispiel, durch die Umstellung der Fleischabteilung auf Selbstbedienung. „Das Problem ist, dass nicht wenige Leute lieber zu den Discountern fahren als den Markt vor ihrer Haustür zu unterstützen. Das Problem hat mit dem Bevölkerungsschwund zu tun. Es ist schwer, heutzutage zu bestehen.“ Karl-Heinz Kiesel und Elke Hensel haben beschlossen, sich auf Pretzsch zu konzentrieren. Auch aus Gründen der Kraft und des Alters, Kiesel, der den Trebitzer Einkaufsmarkt seit 1993 betreibt, steht kurz vor der Rente.

„Die Nachricht war ein Schock“, sagt Torsten Schneider. Er ist Ortsbürgermeister von Trebitz und akzeptiert natürlich die unternehmerische Entscheidung. Was ihn ärgert, ist die kurzfristige Ankündigung, den Markt zu schließen. „Sie hatten versprochen, rechtzeitig Bescheid zu sagen.“ Schneider ist am 24. September informiert worden: „Ein Monat reicht nicht, um da was zu bewegen.“

Der Bürgermeister fürchtet mit dem Verschwinden des großen Einkaufsmarktes eine Verschlechterung der Lebensqualität und einen fehlenden Baustein für die Entwicklung seines Ortes, dessen Infrastruktur er als sehr gut aufgestellt bezeichnet: „Wir haben einen Zahnarzt, einen Allgemeinmediziner, ein reiches Vereinsleben, Grundschule und Kindergarten, Bäcker, Fleischerei, einen kleinen Schreibwarenladen.“

Dass es nach dem Ende des Frische-Marktes auch wieder ein Lebensmittelgeschäft geben wird in Trebitz, darum will sich Schneider bemühen. „Wir haben uns zusammengesetzt und versucht, Kontakte zu knüpfen.“ Bei Rewe läuft eine Anfrage - das Nahkauf-Konzept des Unternehmens wäre eine Chance. Unterlagen sind zu „Penny“ geschickt worden. Es habe bereits einen Interessenten gegeben, der anfragte, was mit der Immobilie werden soll. Eigentümer ist Karl-Heinz Kiesel, der auch versichert, dass „der Markt frei gegeben wird“ - zum Verkauf oder zur Pacht. Die Frage sei allerdings, so Schneider, ob für ein Lebensmittelsortiment. Kiesel würde sich so ja selbst die Konkurrenz organisieren.

Händler erweitern Sortiment

Klar ist jedenfalls, dass ein neuer Markt auf sich warten lassen dürfte. Deshalb hat sich der Bürgermeister um eine Übergangslösung gekümmert - nämlich die in Trebitz verbleibenden Händler gebeten, ihr Sortiment ein bisschen zu erweitern. Schneider: „Die haben sich dazu bereit erklärt.“

Derweil ist am Frische-Markt einiger Betrieb. „Viele hier sind sehr enttäuscht“, beschreibt Siegfried Seidel die Stimmung im Ort. Auch deshalb, weil der Standort als Handelsplatz Tradition hat. Schneider spricht von einer Konsum-Genossenschaft schon vor dem Krieg. Und Seidels Erinnerung: „Da gab es alles. Wir haben hier sogar unseren ersten Fernseher gekauft.“