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Längere Ladenzeiten ohne große Chance

Von Klaus Adam 07.09.2006, 16:44

Gräfenhainichen/MZ. - Zumindest werktags. Für den Sonntag soll es weiterhin stärkere Restriktionen geben. Kunden dürften jubilieren, steht zu vermuten. Doch ist das wirklich so? Und wie sehen die Einzelhändler am Boulevard der Paul-Gerhardt-Stadt die in Aussicht gestellte Freiheit? Dazu befragte die MZ am Donnerstag Vormittag einige von ihnen.

"Das hätten sie mal vor 15 Jahren schon lassen sollen", meint Heinz Hänsch nicht ohne Hintersinn auf diesen Politikervorstoß. Er ist Inhaber eines Elektronikgeschäftes. Hänsch hält dies für ein Randproblem, um das es gar nicht so heftige Diskussionen hätte geben müssen. "Dann hätten sie sich um wesentlich wichtigere Themen kümmern können." Und: "Wer um sechs Uhr kein Geld hat, der hat auch um acht Uhr abends kein Geld zum Einkaufen."

"Das Thema geht ja schon lange", sagt auch Werner Engelhardt. Er fährt gern ins Dessauer Rathauscenter. "Das ist eine super Anlage, nicht nur wegen des Nordsee-Imbisses, wo ich gerne esse. Ich gehe dort auch gerne mal shoppen." Für eine größere Stadt wie Dessau lohnten sich längere Öffnungszeiten in den Läden allemal, ist sich der Kunde sicher. "Aber hier in Gräfenhainichen ist doch ab 18 Uhr tote Hose."

Eine Meinung, die er durchaus mit vielen teilt, mit denen die MZ am Donnerstag sprach. Ingeborg Urban etwa, selbst Inhaberin eines Geschenkeladens, am Donnerstag aber gerade hinter dem Verkaufstresen im Elektrogeschäft ihres Sohnes Steffen, hat bereits Erfahrungen mit längeren Öffnungszeiten. Als vor einigen Jahren die verkaufsoffene Zeit bis 20 Uhr ausgedehnt wurde, waren beide dabei, öffneten zumindest bis 19 Uhr. "Ein Fehlschlag - wir traten abends von einem Bein aufs andere. Vielleicht kam mal ein Kunde in der ganzen Zeit", zieht Ingeborg Urban ein eher klägliches Resümee dieses fast ein dreiviertel Jahr laufenden Tests. Ansonsten klar: "Ich würde die ganze Nacht aufmachen, wenn ich Umsatz hätte", bekennt sie. Doch auch sie und ihr Sohn sehen den Bedarf und die Notwendigkeit längerer Öffnungszeiten in einer solchen Stadt wie Gräfenhainichen kaum. Auch Kathleen Schnitzer, die die MZ mit Tochter Annelie auf dem Boulevard traf, würde wohl abends kaum Einkaufen gehen.

"Es sind doch fast alles Inhaber geführte Läden hier am Boulevard", nennt Heinz Knobloch von "Knobis Sporthaus" einen weiteren Aspekt, der auch von anderen herausgestellt wird. Wer könne sich schon von früh an bis weit in die Nacht allein in den Laden stellen? Knobloch fürchtet eher, dass der Verdrängungswettbewerb durch die großen Ketten zunehme. Denn, wie viele andere macht auch er die Rechnung auf: Längere Öffnungszeiten würden sich in einer Stadt wie Gräfenhainichen kaum in Gewinnen niederschlagen. Dagegen stünden höhere Kosten für Energie und Lohn für Angestellte, weil dies nicht mehr nur die Inhaber allein tragen könnten.