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Landkreis Wittenberg Landkreis Wittenberg: «Sprengfalle» ist alte Wilduhr

Von DIRK SKRZYPCZAK 26.08.2010, 18:27

ORANIENBAUM/MZ. - Kuriose Wende nach einem Polizeigroßeinsatz im Landkreis Wittenberg: Bei dem vermeintlichen Sprengsatz, der an einem Waldweg bei Oranienbaum gefunden wurde, handelt es sich vermutlich um eine selbst gebastelte Wilduhr aus DDR-Zeiten. Pilzsammler hatten das Einweckglas mit Wecker, Drähten und einer mineralischen Substanz am Dienstag entdeckt (MZ berichtete). Spezialisten des Landeskriminalamtes zertrümmerten das Gefäß mit einer Wasser-Treibladung.

Noch will die Polizei das Ergebnis der Mineral-Analyse abwarten, an der Harmlosigkeit des Fundstücks scheint es aber kaum Zweifel zu geben. "Die Zündeinrichtung fehlt, insofern können wir Entwarnung geben", sagte Ralf Moritz, Sprecher der Polizeidirektion. Stattdessen halten die Ermittler die sichergestellten Überreste nun mit hoher Wahrscheinlichkeit für das betagte Hilfsmittel eines Jägers. Wilduhren reagieren auf Kontakt. Wird das Gehäuse bewegt, bleibt der Chronograph stehen. Weidmänner nutzen die Technik, um Schwarzwild an Futterplätzen nachzuspionieren und die Tiere dadurch gezielter jagen zu können.

Gerd Hübner, Vorsitzender der Jägerschaft im Landkreis Wittenberg, spricht von einer schleierhaften Geschichte. "Ich gehe seit 1965 auf die Jagd. Von Wilduhren habe ich früher in der DDR nie etwas gehört, die kenne ich nur aus der Neuzeit." Auch sei es ungewöhnlich, so ein Gerät direkt an einem Weg zu platzieren, wo es keinen Sinn ergebe. Normalerweise kämen Wilduhren nur an Kirrstellen, den Anlockplätzen, zum Einsatz, "und die liegen eher abseits der Wanderrouten".

Unterdessen hat die Polizei begonnen, Jäger aus der Region zu befragen. Gleichzeitig verteidigt sie das rigorose Vorgehen. Man habe keineswegs mit Kanonen auf Spatzen geschossen. "Die Konstruktion erfüllte alle Merkmale eines eventuellen Sprengsatzes. Man sieht ein Gefäß mit Kabeln, einem Mineral und einer Uhr. Da geht man kein Risiko ein. Wir sind aber natürlich erleichtert, dass sich der Anfangsverdacht nicht bestätigt hat", so Moritz.

Es gibt übrigens keine Verpflichtung, das Aufstellen von Wilduhren zu melden. Doch selbst in Jägerkreisen wird die Verwechslungsgefahr mit Sprengladungen nicht geleugnet. Für Laien ähneln heutige Wilduhren in ihren Kunststoffgehäusen Handgranaten.