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Kunstpfad in Gräfenhainichen Kunstpfad in Gräfenhainichen: Fahrstuhl zum Glück

Von Ulf rostalsky 19.06.2014, 11:48
Der „Schrank des Seelenvogels“
Der „Schrank des Seelenvogels“ Thomas Klitzsch Lizenz

Gräfenhainichen/MZ - Werkhalle statt Klassenraum, Winkelschleifer statt Federhalter: Sechs Zehntklässler der Gräfenhainichener Ferropolisschule sind derzeit dabei, Kunst aus Schrott herzustellen. Ihre Arbeiten sollen den Skulpturenpfad entlang des Gremminer Sees weiter wachsen lassen.

Auf dem stehen bereits 22 Skulpturen. „Im 50-Meter-Abstand“, sagt Susanne Spies. Die Kunstlehrerin gab vor elf Jahren den Anstoß für das Kunstprojekt der anderen Art. Ein Ziel nennt sie immer wieder. „Der Pfad soll bis zur roten Büchse wachsen.“ Gemeint ist die stählerne rote Aussichtsplattform. Vom Stadtbalkon bis zu ihr ist es ein langer Weg. Kunst säumt aber schon jetzt mehr als 1 000 Meter davon. 150 weitere kommen Mitte Juli dazu.

Begeistert von der Denkmal-Idee

Der Gedanke, seiner Stadt ein Denkmal zu bauen, begeistert Nico Sperber. „Bleibt was zur Erinnerung. Kann man später noch zeigen“, meint der junge Mann, der ab Sommer zwar nicht im Metallbereich lernen, der Industrie aber dennoch verbunden bleiben wird. In der Zschornewitzer Elektroschmelze möchte er durchstarten. Zukunftsmusik. Jetzt wird gesägt, geschliffen, gebohrt. Zusammen mit Leon Weber bastelt Nico Sperber am Fahrstuhl zum Glück. Das Kunstwerk dürfte mit Abstand das höchste werden, was auf dem Skulpturenpfad zu sehen ist. Gleich nebenan funktionieren Marie Watzke und Jaqueline Zäh einen Stahlschrank um. Er wird zum „Schrank des Seelenvogels“. Das Tier thront in luftiger Höhe, in den Schubfächern des Schranks finden sich Glück, Eifersucht, Wut.

Susanne Spies ist angetan vom Eifer ihrer Schüler. Nicht nur, dass die Kreativität bewiesen hatten und nach einem Blick auf den zur Verfügung stehenden Schrott an wirklich einzigartigen Ideen feilten. „Sie sind voll bei der Sache.“ Der Vorteil: In den Werkhallen des Stahlbauunternehmens Ambau können Schüler und Lehrerin „über längere Zeit an einer Sache dranbleiben“. Der Hammer fällt nicht nach 45 Minuten, wie in der klassischen Unterrichtsstunde. Kunst wächst und nimmt Form an.

Jacqueline Zäh probiert. Wie sollen die Blechtafeln mit den aufgeschweißten Schriftzügen angebracht werden? Geheftet, geschraubt, gerade, gewinkelt? Alles ist Geschmacksache der Künstler. Bohrmaschine und Winkelschleifer liegen gut in der Hand. Dennoch warnt die junge Frau vor falschen Schlüssen. Im Metallbereich werde sie mit Sicherheit nicht alt werden. Sie wird im Herbst eine Ausbildung zur Erzieherin in Angriff nehmen. Das Reformationsjubiläum rückt näher. Jasmin Gothmann und Chantal Seibert haben sich davon inspirieren lassen und eine besondere Lutherbibel auf den Weg gebracht. Deren Seiten sind Stahlbleche. Die ersten Buchstaben sind zu lesen. „Ein Bibelspruch.“ Viel mehr sagen die Zehntklässlerinnen noch nicht. Ein wenig Überraschung soll sein, wenn am 10. Juli die neuen Kunstwerke ganz offiziell enthüllt werden.

Noch ist etwas Feinschliff nötig

Viel Zeit auf den ersten Blick. Allerdings brauchen nicht nur die Kunstwerke noch etwas Feinschliff. Um Uferweg müssen auch die Fundamente für die schwergewichtige Kunst vorbereitet werden.