Kunst und Widerstand Kunst und Widerstand: Wittenberger Peter Conrad stellt zu seinem Geburtstag aus

Wittenberg - Der Präsident muss geschäumt haben. Eine Verhohnepipelung des Sozialismus sei das ja wohl, habe Walter Womacka geurteilt. Die Brigade war zu lustig. Und Peter Conrad, erfolgversprechender Student der Kunsthochschule Weißensee, konnte seine Laufbahn vergessen. Statt dem in greifbarer Nähe befindlichen Abschluss - Bewährung in der Produktion.
Bis zum Ausreiseantrag
Wie oft mag Conrad, der dann freilich doch noch Künstler geworden und bis heute ist, diese Geschichte erzählt haben! Wie er daran scheiterte, sozialrealistisch zu sein und zu malen und stattdessen die Brigade, das vorgegebene Diplomthema, so lebensfroh darstellte, wie er sie empfunden hatte. Er erzählt sie auch diesmal, 45 Jahre später, und dass man ihn damals ja gezwungen habe, eine „halbfertige“ Arbeit vorzulegen, wie er mehrfach hinterherschiebt, ändert kaum etwas daran, dass der farbenwilde, expressive Conrad und das offizielle Umfeld einfach nicht zueinander passen konnten, mit allen biografischen Verwerfungen, die sich für den Maler daraus noch ergeben sollten, bis hin zu einem - dann aber zurückgezogenen - Ausreiseantrag.
„Wer sich mit Peter Conrad befasst, kommt an der DDR-Kulturpolitik nicht vorbei“, fasst Oberbürgermeister Torsten Zugehör (parteilos) an diesem Freitag im Neuen Rathaus zusammen und spricht von den je individuellen „Stolpersteinen“, die sich aus dem schwierigen Miteinander von Mensch und Staat ergaben. Aber es geht bestimmt nicht um die Würdigung eines Widerständlers, eines widerständigen Lebens und Lebenswerks allerdings schon, wenn die Stadt ihrem Künstler-Bürger Peter Conrad anlässlich von dessen 70. Geburtstag (10. Juli) nun im August eine Ausstellung ausrichtet.
Im allerbesten Sinne farbenfroh sind Conrads Darstellungen von Menschen, immer wieder und schon immer Menschen, zu deren Wesenskern es vorzudringen gilt, „eine ständige Herausforderung“ sei das, sagt der Künstler, der allerdings auch zig Landschaften, Bauwerke, ja, selbst schnöde Blumensträuße in ein Farbenfeuerwerk verwandelt hat. Und dabei, ganz im Gegensatz zu seinem eher leisen, bescheidenen Auftreten, immer ganz dick aufträgt - pastös nennt sich das in der Kunstwelt, wenn man mit Material nicht geizt. So dick aufträgt, dass womöglich sogar ein Blinder, wie Zugehör mutmaßt, Conrads Bilder erfassen könnte.
Richard Thomas, der den Künstler schon lange kennt, seit bald 40 Jahren, übernimmt bei der kleinen Pressekonferenz zur Vorstellung des Mannes und der bevorstehenden Ausstellung den Part dessen, der den sprudelnden Erzählfluss des Künstlers sachte in Bahnen lenkt und auch von seinen eigenen Conrads berichtet, die er im Laufe der Jahre gekauft hat - und x-mal hätte verkaufen können, etwa wenn Pharmavertreter vorstellig wurden in seinem, Thomas’, Büro im Stift und sich in die Schlosskirche verliebten, die dort an der Wand hing und diese mitnehmen wollten. Aber: „Ich bin kein Kopist“, habe Peter Conrad eine zweite, dritte Ausfertigung freilich immer abgewehrt, da mochte Thomas mit Cranach und dessen Massenproduktion locken, wie er wollte.
Jutta Strehle kuratiert
Nun also eine große Ausstellung, endlich möchte man sagen, denn dass Conrad dies lange verdient hat, steht außer Frage. Ab dem 18. August werden dem Künstler zufolge „70, 80“ Werke auch aus seiner frühen Zeit - zum Malen und dann nach Weißensee kam der Jugendliche Peter Conrad durch den Wittenberger Maler Karl-Heinz Wenzel - im Erdgeschoss des Alten Rathauses zu sehen sein. Bis dahin haben Kuratorin Jutta Strehle (vormals Stiftung Luthergedenkstätten) und ihre Helferinnen aus der Stadtverwaltung freilich noch eine Menge zu tun. So gilt es diverse Leihgaben von Privatpersonen in der Stadt für die Ausstellung zusammenzusuchen, denen Peter Conrad ein Werk auch einfach mal schenkte.
(mz)