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Kreis Wittenberg Kreis Wittenberg: Starke Frau als neue Leitfigur

Von KARINA BLÜTHGEN 13.04.2012, 15:45

KEMBERG/MZ. - Es ist geschafft. Kaum ist das Schild "Ganztagsschule Ernestine Reiske" an der Kemberger Schule enthüllt, beginnt für die Sekundarschüler schon wieder der Alltag, es geht mit dem Unterricht weiter. Vorbei ist eine Dreiviertelstunde, in der sie gezeigt haben, dass sie auch stolz sind auf den Namen, den ihre Schule nun trägt. Mit einem gelungenen Festakt haben sie jedenfalls die Namensgebung begangen.

"Ich bin überwältigt. Ich habe noch nie so eine kurzweilige Geschichtsstunde erlebt", lobt Elke Stolze, Initiatorin der Frauen-Orte in Sachsen-Anhalt, das Programm mit Lied, Theaterstück und einer geschichtlichen Präsentation. Im Herbst 2009, als sie an Reiskes einstigem Wohnhaus am Markt die Tafel für den 50. Frauen-Ort im Land enthüllte, durfte mit solch einer Resonanz noch niemand rechnen. "Das zeigt aber, dass die Idee hier auf fruchtbaren Boden gefallen ist", sagt Elke Stolze, die den Schülern viel Ideenreichtum und Kreativität wünscht, um diesem Namen, der mit dem Leben einer gelehrten und ihrer Zeit voraus gewesenen Frau verbunden ist, gerecht zu werden.

Schulleiter Jürgen Preuschoff erinnert daran, dass vor zwei Jahren auf einer Arbeitsberatung der Gedanke im Raum stand, nach einem Namen für die Schule zu suchen. "Von einer Person, die dem humanistischen Bildungsansatz entspricht", fügt Preuschoff hinzu. Er dankt jenen, "die uns auf dem Weg zum neuen Namen befördert haben", sagt er. Doch es ist Heike Beck, seine Stellvertreterin, die auch diesen alten Namen (Theophil Rybarczyk) einmal ausspricht. Seinen Namen trug die Schule seit der Einweihung 1983, er wurde mit der Wende abgelegt.

"Diese Namensgebung ist wirklich ein historisches Ereignis", meint Heike Beck. "Ich denke, dass wir uns mit dem neuen Namen sehr gut identifizieren können." Mit ihrem Programm haben die Schüler das bereits bewiesen. Die 7 b führt ein selbst geschriebenes Theaterstück auf, in dem sie ihre Schule und die Namensgeberin vorstellen. Götz Johannes aus der 9 a hat darüber hinaus eine biografische Präsentation erarbeitet.

So bleibt auch den Gästen des Festaktes im Gedächtnis, was die Schüler schon verinnerlicht haben. Dass Ernestine Christine Reiske 1735 in Kemberg geboren wurde und eine gute Bildung erhielt. Dass sie in Leipzig Johann Jacob Reiske kennen lernte und später heiratete. Und dass sie, mehrerer Sprachen kundig, selbst übersetzte, Schriften ihres Mannes und eigene Werke herausgab und sich so auch als Geschäftsfrau bewies.

Corinna Reinecke, SPD-Landtagsabgeordnete, ermuntert die Schüler, mehr über Ernestine Reiske zu lernen. "Ihr habt erfahren, was sie für eine tolle Frau war. Heute dürfen Frauen alles und sind gleichberechtigt. Das war damals nicht so", sagt sie. "Die Schule hat nun ein Gesicht erhalten." Und dass es ein weibliches ist, findet sie ausgesprochen fortschrittlich.