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Kreis Wittenberg Kreis Wittenberg: Letzte Chance genutzt

14.05.2012, 17:05

WITTENBERG/MZ. - Wer in der Regelschule nicht zurechtkommt, hat kaum Aussicht auf eine Lehrstelle. Eine letzte Chance ist das "Produktive Lernen in Schule und Betrieb". Bodenleger Florian Kirschner hat sie genutzt: 2005 kam er als Schüler der Sekundarschule "Heinrich Heine "zu "A & K Pötzsch" in Reinsdorf, absolvierte Praktika, wurde als Auszubildender übernommen und arbeitet noch immer dort. Ute König sprach mit dem 22-Jährigen und Ausbilder Alexander Pötzsch.

Herr Pötzsch, was hat Sie dazu bewogen, einen Praktikumsplatz fürs "Produktive Lernen" anzubieten?

Pötzsch: Wir fanden das sehr interessant und hatten einen Auszubildenden gesucht. Vertraglich gibt es zwar ein Viertel Jahr Probezeit. Ein Praktikum ist unserer Meinung nach aber sinnvoller, weil man so einfach besser sehen kann, ob derjenige in den Betrieb passt und handwerklich arbeiten kann. Florian war unser erster Praktikant. Wir kannten ihn schon und wussten, dass er bereit war, etwas zu probieren. Er hat sich gut angestellt und dann haben wir ihn auch als Azubi übernommen.

Herr Kirschner, welche Chance auf einen Ausbildungsplatz hätten Sie ohne "Produktives Lernen" gehabt?

Kirschner: Keine.

Welche Überzeugungskunst war nötig, dass Sie teilgenommen haben?

Kirschner: Da hat es keine Überzeugung gebraucht. Ich hatte einfach keine Lust mehr auf Schule. Beim "Produktiven Lernen" konnte ich arbeiten. Darauf hatte ich Lust. Es war eine gute Chance, denn in Hartz IV abrutschen wollte ich auf keinen Fall. Und Schule war nur zwei Mal die Woche, dafür konnte man sich breitschlagen lassen.

Viele Ausbilder legen allerdings Wert auf gute Schulnoten.

Kirschner: Vorher war ich nicht so gut in der Schule. Aber einen guten Abschluss habe ich gemacht.

Pötzsch: Man sollte bei der Auswahl der Auszubildenden nicht nur nach den Noten gehen. Vielmehr sollte man schauen, wie sich jemand praktisch anstellt. Man kann ja gute Noten haben, handwerklich aber eine Niete sein. Das bringt uns am Ende auch nichts.

Wann wussten Sie, dass Sie Bodenleger werden wollen?

Kirschner: Das war eigentlich relativ schnell klar. Eigentlich macht man jedes Praktikum in einem anderen Betrieb. Ich habe insgesamt fünf Praktika hier gemacht. Nur ein Mal war ich in einem anderen Betrieb, das war aber nichts für mich. Als ich wusste, dass ich Bodenleger werden möchte, konnte ich immer wieder hierherkommen.

Würden Sie nach Ihren Erfahrungen wieder am "Produktiven Lernen" teilnehmen?

Pötzsch: Wir bieten weiterhin Praktika an.

Kirschner: Vom Schulischen her nicht unbedingt, da die Berufsschule noch sehr schwer wurde. Aber vom Praktischen her: Auf jeden Fall!