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Kreis Wittenberg Kreis Wittenberg: Kinder wohnen direkt im Ratssaal

Von Ulf Rostalsky 21.09.2012, 18:23

Zschornewitz/MZ. - Ab Oktober wird Sebastian einer von ihnen sein. Ein richtiger Zschornewitzer eben.

Mitten im Ort

Mit einer kleinen Ausnahme. Sebastian lebt im Platanenhof und bildet zusammen mit elf anderen Kindern und Jugendlichen die Regelgruppe des Kinder- und Jugendhilfeverbunds Wartenburg, Wittenberg, Bitterfeld. Der steht unter Trägerschaft des Evangelischen Jugend- und Fürsorgewerks (EJF) und hat mit den Räumen in Zschornewitz "wirklich Glück gehabt". So sieht es Verbunds-Leiterin Ramona Kula. Denn neben reichlich Platz könne der Platanenhof mit seiner Lage punkten: mitten im Ort. Dort, wo Kinder einfach hingehören.

Sebastian ist stolz und gibt gern den Reiseführer. Er lotst die Kita-Kinder in sein Reich. Die Knirpse sollen sehen, dass ein Zimmer in der Regelgruppe so viel anders auch nicht ist als das eigene daheim. "Das ist mein Bett. Dort sind meine Plüschtiere." Sebastian strahlt. Er ist längst angekommen in Zschornewitz. Seine älteren Mitbewohner sind zum großen Teil noch dabei. "Sie müssen natürlich mit der neuen Umgebung klarkommen, sich an den Ort und die Leute gewöhnen." Für Bereichsleiterin Sandra Jost und Teamleiterin Franziska Reitz sind die Mädchen und Jungen nicht anders als andere Jugendliche. "Klar gibt es hier auch mal Zickenkrieg."

Wenig ist geblieben vom einstigen Verwaltungssitz. Wo über Jahre die Verwaltungsgemeinschaft Zschornewitz-Möhlau, dann das Bauamt vom "Tor zur Dübener Heide" agierte, der Zschornewitzer Bürgermeister sein Büro hatte, Räte tagten und sogar geheiratet wurde, wird jetzt gewohnt - gekocht, geschlafen, gespielt, gewaschen. Die Stadt, der die Räume noch immer gehören, hat reichlich in den Umbau investiert.

"Eine sechsstellige Summe", erklärt Ramona Kula, ohne Details nennen zu wollen. Fest steht, dass sich der Kinder- und Jugendhilfeverbund langfristig an Zschornewitz gebunden hat. "Zehn Jahre Mietvertrag", sagt die Leiterin und bringt zusätzliche eigene Investitionen ins Spiel.

Entstanden sind zwei voneinander getrennte Wohnbereiche mit Einzel- und Doppelzimmern, Bädern, großzügig angelegten Küchen und Gemeinschaftsbereichen. Die Bewohner sollen sich wohl fühlen im neuen Zuhause, das sie am 1. August bezogen haben. Sie sind nicht allein im Platanenhof. Rund um die Uhr sind Betreuer vor Ort. "Aber bitte, die Kinder werden hier nicht eingesperrt", betont Ramona Kula. Sie können und sollen sich im Ort einbringen, in Vereinen engagieren und Freunde finden. Sie gehen auch wie jedes andere Kind in die Schule oder die Kita. "Sie gehören zum Ort."

Für Notsituationen vorbereitet

Neben zwölf Plätzen für die Regelgruppe bieten die Räume im Platanenhof zwei weitere Plätze für die Inobhutnahme. Kinder und Jugendliche können in Notsituationen und in Zusammenarbeit mit dem Jugendamt kurzfristig aufgenommen werden. Übrigens auch Babys. Die Räume sind mit Kinderbett und Wickelkommode ausgestattet.