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Kreis Wittenberg Kreis Wittenberg: Fast wie ein Familientreffen

Von KARINA BLÜTHGEN 06.07.2011, 16:52

WITTENBERG/MZ. - Für Steffen Bühnemann ist seine alte Schule noch immer ein Stück seines Lebens. Vor vier Jahren hat er die Ganztagsschule in Friedrichstadt verlassen, doch kehrt er immer wieder zurück. Bühnemann leitet die Arbeitsgemeinschaft Backen an der Schule. "So eine AG hätte ich mir selbst damals gewünscht", sagt der 20-Jährige, der Konditor gelernt hat und jetzt seine zweite Ausbildung als Bäcker macht.

Bühnemann war einer von vielen Gästen, die 30 Jahre Friedrichstadtschule feierten. Er selbst beschreibt sich eher als mittelmäßiger Schüler, doch rückblickend findet er: "Es war eine schöne Zeit." Jetzt erlebt er selbst, wie schwierig es ist, Schüler zum Lernen zu motivieren. Dass dies den Lehrern dennoch immer wieder gelingt, bestätigte Frank Stein von der Schulbehörde des Landesverwaltungsamtes. Er dankte ihnen für "ihre pädagogischen Innovationen", dass sie den Mut haben, Neues auszuprobieren und Pionierarbeit zu übernehmen, sei es bei der Entwicklung der Ganztagsschulen (Friedrichstadt ist dies seit 1996) oder bei der Reintegration von Schülern.

Mit einem tollen Festprogramm feierten die Schüler nicht nur ihre Schule, sondern auch sich selbst. Eingebettet in die Rahmenhandlung, bei der drei Schüler auf dem Dachboden stöbern, gab es neben der Baugeschichte zu DDR-Zeit auch Musik, Gedichte, Sport, Theater und Tanz zu erleben. Und ein recht bekannter einstiger Schüler, der jetzige Wittenberger Bürgermeister Torsten Zugehör (parteilos), plauderte aus seiner Schulzeit und seinen Zeugnissen. "Die Schule früher war streng, wir hatten vielleicht nicht so viele Möglichkeiten. Aber im Nachhinein waren die Lehrer mindestens so sympathisch wie heute", meinte er.

1981 war die Schule als POS IV (Polytechnische Oberschule) eröffnet worden. 1984 erhielt sie den Namen "Heinrich Brosig". 1991 wurde sie Sekundarschule Friedrichstadt. Margit Lüthy, von 1983 bis 1985 hier Lehrerin für Deutsch, erinnert sich gern an die Zeit. "Wir konnten als Lehrer auch mal etwas ausprobieren, ohne gleich dafür angezählt zu werden", beschrieb sie einen durchaus nicht alltäglichen Zustand in jener Zeit. "Auch das Miteinander mit den Eltern war gut. Sie haben unterstützt, was an der Schule gemacht wurde."

Als Lehrerin für Mathematik und Chemie hat die jetzige Schulleiterin Ines Petermann die Anfangszeit der Schule miterlebt. Für sie und die anderen Gäste war die Zeit während und nach der Festveranstaltung wie ein überdimensionales Familientreffen, das durch die Schüler kulinarisch abgerundet wurde. Vom Wittenberger Luther-Hotel, seit zwei Jahren Kooperationspartner der Schule, halfen kompetente Leute den Schülern, ein aufwändiges Büfett zu kreieren und die Gäste zu bewirten. "Alle waren mit Begeisterung dabei", lobte Küchenchef Christian Hirsch. Nach so viel Stress haben sich die Jugendlichen auch Erholung verdient. Gestern fuhr die komplette Schule in sechs Bussen für einen Tag nach Berlin, heute ist Tag der Verkehrserziehung. "Dank vieler Sponsoren kostet die Schüler die ganze Woche nur je fünf Euro", erklärt die Schulleiterin.

"Da sind noch einige Wünsche offen, zum Beispiel eine Kleinsportanlage", sagte Ines Petermann mit Blick auf die "Offiziellen" in der ersten Reihe. "Vielleicht wird es bis zum 40-jährigen Jubiläum erfüllt." Sie könnte es, schmunzelte sie später, dann noch erleben, bevor sie in den Ruhestand geht.