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Wirtschaft  Krafotec Wittenberg: Kranbau-Unternehmen ist in Insolvenz

Von Marcel Duclaud 17.11.2016, 06:45
Ein Bild aus besseren Tagen: Blick in eine Krafotec-Werkhalle in Wittenberg, wo gerade ein Kran verladen wird.
Ein Bild aus besseren Tagen: Blick in eine Krafotec-Werkhalle in Wittenberg, wo gerade ein Kran verladen wird. Thomas Klitzsch

Wittenberg - Auf der einen Seite Investitionen, Aufbruch, Suche nach Fachkräften und die Euphorie eines Jubiläumsjahres, auf der anderen Seite Firmen, die sich in schwerem Fahrwasser befinden: In Wittenberg ist beides anzutreffen.

Auf die Nachricht, dass sich das Handelsunternehmen C & A Anfang kommenden Jahres aus Wittenberg zurückziehen will, folgt eine weitere Hiobsbotschaft. Ein Traditionsunternehmen der Stadt, die Krafotec Pannier GmbH, musste Insolvenz anmelden.

Das bestätigt der Insolvenzverwalter, der Dessauer Rechtsanwalt Dirk Herzig auf Anfrage der Mitteldeutschen Zeitung. Nach seinen Worten sind „Auslastungslücken in diesem sehr speziellen Projektgeschäft der Kran- und Fördertechnik, das mit langen Vorbereitungs- und Produktionszeiten verbunden ist“, Ursache des Insolvenzverfahrens, das bereits Ende April eröffnet worden war. Ende Juni fand die Gläubigerversammlung statt, bei der es um die Prüfung der Forderungen der Gläubiger ging.

Das Geschäft läuft unterdessen weiter. Dem Insolvenzverwalter ist es nach Angaben des Pressesprechers der Schultze und Braun GmbH und Co. KG, Ingo Schorlemmer, gelungen, nach dem Insolvenzantrag den Geschäftsbetrieb des Unternehmens zu stabilisieren und bis heute fortzuführen. Allerdings musste ein Teil der Belegschaft gehen.

„Im Zuge der Sanierungsmaßnahmen“, schreibt Schorlemmer, „ist es unumgänglich gewesen, 25 Mitarbeitern zu kündigen, um dem Unternehmen eine Perspektive zu eröffnen.“ Bei Krafotec arbeiten gegenwärtig 30 Mitarbeiter, „die sich sehr motiviert und engagiert für die Zukunft“ des Unternehmens einsetzen.

Wie genau die aussieht, ist freilich noch unklar. Pressesprecher Schorlemmer: „Aktuell sucht Dr. Herzig nach geeigneten Investoren, die an einer Übernahme des Geschäftsbetriebes interessiert sind. Hierzu wurden zahlreiche Unternehmen im In- und Ausland direkt angesprochen.“ Der Insolvenzverwalter verhandele derzeit mit mehreren Interessenten.

Der Kranbau ist offenkundig ein schwieriges Geschäft. Am Standort residierte früher die Gresse Kranbau GmbH, die nicht überlebt hat. Zahlreiche Menschen verloren Mitte der 1990er Jahre ihren Job. Die Ingenieure Dirk Pannier und Bernd Neubert gründeten dann im Jahre 1997 das Familienunternehmen Krafotec - mit anfangs drei Mitarbeitern und einigen Umrüstungs- und Demontage-Aufträgen auf dem Gelände in der Dessauer Straße. Bald folgten Konstruktionsarbeiten, so dass es mit der Firma bergauf ging und der Mitarbeiterstamm erweitert werden konnte, beim zehnjährigen Bestehen waren rund 60 Leute angestellt.

Der Name Krafotec kommt von Kran-Fördertechnik. Die Mitarbeiter des Unternehmens in der Dessauer Straße beschäftigen sich mit Konstruktion, Fertigung und Serviceleistungen für Kranbau, Fördertechnik und Sonderstahlbau.

Der Kranbau in Wittenberg blickt auf eine lange Geschichte zurück. Die Anfänge liegen bei Paul Gresse, der 1883 eine Schlosserei in der Pfaffengasse gründete. 1923 folgte der Umzug an den heutigen Standort, aus dem Handwerksbetrieb wurde ein industrielles Stahlbauunternehmen. In den 1950er Jahren begann der Förderanlagen- und Spezialkranbau. Es folgte die Enteignung, der Betrieb firmierte unter VEB Kranbau Wittenberg. Die Firma war Hauptlieferant für Portalkrane und schwere Brückenkrane. Nach der Privatisierung gehörte „Gresse“ zu den größten Arbeitgebern in der Region, 1997 musste Insolvenz angemeldet werden. (mz/mac)

Nun also, nach knapp 20 Jahren die Insolvenz. Das ist bitter, sagt auch Oberbürgermeister Torsten Zugehör (parteilos), der im Bilde ist: „Wir hatten uns extra einen Termin besorgt, um den Insolvenzverwalter kennenzulernen.“ Die Stadt, so seine Botschaft, melde sich bei Unternehmen auch dann, wenn es nicht so gut läuft, „wohl wissend, dass wir die Probleme nicht lösen können. Wir sind nicht in der Stahlbranche unterwegs“.

Allerdings könne die Kommune womöglich helfen bei der Suche nach einem neuen Geschäftspartner. „Dirk Pannier“, betont Zugehör jedenfalls, „kenne ich als einen zuverlässigen Geschäftsführer, der sich überdies ehrenamtlich in der Stadt engagiert hat.“ Beim Werben um einen Investor wolle die Stadtpolitik gerne „Einfluss nehmen. Wir lassen uns regelmäßig auf dem Laufenden halten“.

Das gilt auch für C und A. Allerdings liegt der Kommune bis heute keine offizielle Nachricht seitens des Handelshauses vor - gegenüber der MZ war die beabsichtigte Schließung bestätigt worden. Trotzdem ist die Verwaltung schon möglichen Interessenten auf der Spur: „Wir führen Gespräche und suchen nach Alternativen“, erklärt Zugehör.

„Es gibt Anfragen und Interesse an dem Standort.“ Das ist kein Wunder, handelt es sich doch um eine exquisite Lage - nahe dem Marktplatz. Eine so große leere Verkaufsfläche würde Wittenberg im Jubeljahr 2017 nicht gut zu Gesicht stehen. (mz)