1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Wittenberg
  6. >
  7. Kita muss umziehen: Kita muss umziehen: "Buddelflink"-Kinder müssen raus

Kita muss umziehen Kita muss umziehen: "Buddelflink"-Kinder müssen raus

Von Marcel Duclaud 07.07.2017, 17:22
Die Elektrik im Haus entspricht nicht den Vorschriften, wie Steffi Joschko zeigt - nicht zuletzt deshalb wurde jetzt der Auszug angeordnet.
Die Elektrik im Haus entspricht nicht den Vorschriften, wie Steffi Joschko zeigt - nicht zuletzt deshalb wurde jetzt der Auszug angeordnet. Thomas Klitzsch

Wittenberg - Seit 44 Jahren gibt es mitten in Wittenbergs Altstadt, in einem Hinterhof in der Coswiger Straße, einen Kindergarten, einen ziemlich beliebten, nicht zuletzt wegen der zentralen Lage. Jetzt sind die Tage der Tagesstätte „Buddelflink“ offenbar gezählt.

Oberbürgermeister Torsten Zugehör hatte am Rande der jüngsten Ratssitzung von möglichen Containern gesprochen und davon, dass eine Sanierung so umfangreich ausfallen müsste, dass das wirtschaftlich nicht lohne. Im Klartext heißt das: Die Kinder sollen dort raus.

Bestätigt wird das von Erhard Hellwig-Kühn, Vorstandsvorsitzender des Kreisverbandes der Arbeiterwohlfahrt, die die Kita betreibt. „Ich war erstaunt“, bemerkt er: „Das wurde eher als Nebensache mitgeteilt.“ Die ist es keineswegs. 60 Kinder samt den Erziehern brauchen eine Unterkunft, weil die ihre derart marode ist, dass sie ausziehen müssen.

Auch an der Sicherheit hapert es: Die Elektroanlage hat die jüngste Überprüfung nicht bestanden, es fehlt unter anderem ein Stromschutzschalter. Die uralten Fenster sind mit einem Band gesichert, damit die Kinder sie nicht öffnen. Im gesamten Objekt findet sich ein Rauchmelder. Hellwig-Kühn spricht Schimmel im Keller und von maroder Lüftung, was zu gesundheitlichen Problemen führen könne.

Er sagt: „Der Zustand des Hauses verströmt den Charme der DDR.“ Das ist nicht übertrieben, nicht zuletzt ein Blick in die Sanitärräume zeigt das. Das Gebäude, das sich im Eigentum der Stadt befindet, wurde vernachlässigt.

Dabei sind die Mängel lange bekannt: „Es gibt seit Jahren Begehungen“, berichtet Kita-Leiterin Steffi Joschko. Der Landkreis habe Termine gesetzt, allein es tat sich nichts, wohl aus Kostengründen. Pläne gab es immer wieder, auch 270.000 Euro waren mal im kommunalen Haushalt eingestellt, ein Tropfen auf den heißen Stein.

Jetzt ist mit Reparaturen nichts mehr auszurichten. Sobald eine Interimslösung gefunden ist, erfolgt der Auszug. Den Eltern wurde die Hiobsbotschaft am Dienstag mitgeteilt. Sie haben, sagt Hellwig-Kühn, mit Verständnis reagiert - aber auch mit Sorge, weil noch unklar ist, wie es weitergehen soll. Gefasst hat auch die Kita-Chefin die Nachricht aufgenommen. „Ich hatte“, räumt Hellwig-Kühn ein, „mit einem Tränenausbruch gerechnet.“

Der blieb aus, zu genau weiß Steffi Joschko um die gravierenden Mängel im Haus. Soll heißen: „Es kann nur besser werden.“

Wird es langfristig auch. Die Arbeiterwohlfahrt plant einen Neubau auf ihrem Grundstück in der Juristenstraße. Hellwig-Kühn: „Wir wollen dort eine Kombination aus betreutem Wohnen, Pflege und Kindergarten.“ Dem pädagogischen Konzept von „Buddelflink“ käme das entgegen. Schon jetzt bestehen enge Verbindungen zu den Senioren, die um die Ecke in der Marstallstraße wohnen.

Der Zwang zum Auszug beschleunigt nun das Projekt in der Juristenstraße: „Wir fangen an, obwohl vieles noch nicht geklärt ist, und hoffen, 2018 bauen zu können“, erläutert Hellwig-Kühn.

Bleibt das Problem der Übergangszeit. Was nicht akzeptiert werde, auch von den Eltern nicht, sei ein Standort weit außerhalb der Altstadt. Und weil es im Zentrum an Platz mangelt, bemerkt der Awo-Chef nur halb scherzhaft: „Wir haben einen großen leeren Arsenalplatz. Der wird ja öfter mal für verschiedene Anlässe gesperrt.“

Keine Alternative sei das einstige Ärztehaus in Piesteritz. Im Gespräch soll wohl auch der leer stehende Kindertreff sein. Das komme, so Hellwig-Kühn, auf den Zustand des Gebäudes an: „Wir wollen nicht vom Regen in die Traufe.“

Am Zug ist jedenfalls jetzt die Stadt als Vermieter: „Wir werden die Varianten diskutieren, hoffen auf eine vernünftige Lösung und suchen selber mit“, versichert Hellwig-Kühn. Dass derzeit anderes Priorität besitze, die Weltausstellung, das Reformationsjubiläum, verstehe er, auch, dass das Geld knapp ist, trotzdem sollten die Kinder nicht das Nachsehen haben.

Zumal der Chef der Arbeiterwohlfahrt findet, dass es einen Unterschied gibt in der Behandlung der kommunalen Kitas und der der Freien Träger.

Was er auf jeden Fall verspricht, ist das Einbeziehen der Eltern bei der Entscheidung über die Interimslösung. Er betont ebenfalls: „Ich bin stolz auf die Mitarbeiter hier, die unter solch schwierigen Bedingungen hervorragende Arbeit machen.“ (mz)

„Buddelflink“-Kinder müssen sich auf einen Umzug einstellen.
„Buddelflink“-Kinder müssen sich auf einen Umzug einstellen.
Klitzsch
Eine der Schimmelecken
Eine der Schimmelecken
Klitzsch