Kirchspiel Zahna Kirchspiel Zahna: "Eine Herausforderung"

Rahnsdorf - Seit 20 Jahren ist Michael Zwiersch vom Ingenieurbüro Eule in Jessen in der Denkmalpflege tätig. Er hat schon die Sanierung etlicher Kirchen begleitet, doch was sich jetzt in Rahnsdorf abzeichnet, nennt er „eine Herausforderung“. Die aus dem 13. Jahrhundert stammende Feldsteinkirche ist in einem ausgesucht schlechten Zustand, Zwiersch spricht zwar nicht von einem Totalschaden, aber von „sehr umfangreichen Schäden“.
Seit urvordenklichen Zeiten kommt es zu Setzungen, für die am Donnerstag ein Bodengutachter eine Erklärung geliefert hat. So sei er in einer Tiefe von 1,20 bis 1,50 Meter auf einen Mix aus Sand, Erde und Mauerziegelreste gestoßen, auf der die Kirche einst gegründet wurde. Dadurch, so Zwiersch, hat sie sich gesenkt. Dass bis heute „Bewegung drin ist“ hat noch einen anderen Grund. Der erst im 18. Jahrhundert errichtete Turm wurde Zwiersch zufolge nicht wie sonst üblich auf Feldsteine gesetzt, sondern auf Holzschwellen. Und die sind verfault. Davon abgesehen drang von oben lange Wasser in das Bauwerk, weshalb man bereits die Glockenstuhlebene, in der sich immerhin drei Glocken befinden, notabgestützt hat. Die Aufnahme des Schadensbildes ist noch nicht abgeschlossen. Am Freitag war der Holzschutzgutachter vor Ort. Er wird zeitnah mitteilen, was er vorgefunden hat; die Möglichkeiten reichen von Pilzbefall über Trockenfäule bis zum Hausschwamm.
Bevor die Rahnsdorfer dereinst ihre sanierte Kirche werden feiern können, begehen sie am heutigen Sonnabend, 28. Mai, ihr 37. Dorffest. Beginn auf dem neben Kirche und Gottesacker befindlichen Festplatz ist um 14 Uhr. In Aussicht gestellt wird unter anderen das Blasorchester „Elbaue Musikanten“ (14 bis 17.30 Uhr) und ab 18 Uhr eine Disco für Jung und Alt. Traditionell ist auch 2016 mit kulturellen Einlagen zu rechnen, die selbst bei schlechtem Wetter stattfinden können, da es ein Festzelt gibt. Der Eintritt zum Dorffest ist frei.
Baufachmann Michael Zwiersch und Pfarrer Matthias Schollmeyer, zu dessen Kirchspiel Zahna auch Rahnsdorf gehört, gehen nach einer letzten Kostenschätzung von 350.000 bis 380.000 Euro aus, die für die Sanierung aufgebracht werden müssen. Das ist sehr viel Geld, aber was wäre denn die Alternative? Das Gebäude, ein Denkmal, einfach weiter dem Verfall zu überlassen und zu warten, bis es eines Tages einstürzt? Wohl kaum.
Von alledem abgesehen, beherbergt die Kirche ein interessantes Altarbild. Gemalt hat es um 1680 Johannes Amberger. Es zeigt eine traditionelle Abendmahlsszene, doch sitzen am Tisch mit Jesus und den Aposteln auch zwei Frauen. Noch mehr als das scheint Schollmeyer ein Fenster anzusprechen, das ebenfalls auf dem Bild zu sehen ist und den Blick freigebe auf ein Feld, einen Weg und den Himmel. Am Horizont berühren sich alle drei und es gebe „nichts Schöneres, als dieser Weite sich zu verschreiben und sie aufzusuchen“. Nun ist das Bild zu seinem Schutz seit Donnerstag ebenso eingehaust wie etwa der Barockaltar, die kleine Orgel, zwei Epitaphe und die Kanzel. All dies, davon geht Schollmeyer aus, wird für mindestens drei Jahre nicht mehr zu sehen sein. So lange wird die Sanierung wohl dauern, die Zwiersch zufolge mit der Ertüchtigung des Baugrundes beginnen muss. Wobei der eigentliche Start für das Vorhaben bereits 2015 war: Damals waren im Außenbereich an Ost- und Westgiebel an einigen Stellen Gipsplomben angebracht worden, um die Setzungserscheinungen zu beobachten.
Was die Finanzierung der Sanierung betrifft, so müssen laut Schollmeyer bis zum Spätsommer die Anträge gestellt werden. Man werde den evangelischen Kirchenkreis Wittenberg anschreiben, ebenso Lotto-Toto Sachsen-Anhalt, es soll versucht werden, auf die Förderliste der Leader-Projekte zu gelangen. Zudem werde ein Kredit aufgenommen, denn schon für 2016 sei mit 50.000 Euro zu rechnen, die auf die Kirche zukommen. Schollmeyer spricht aber auch von einer Spendenaktion, die vorbereitet werden soll. Und zusammen mit den Rahnsdorfern sollen Ideen gesammelt werden für eine Nutzung des Kirchenraums, die über Gottesdienste und Konzerte hinausgehe.
Die Rahnsdorfer Kirche ist übrigens die letzte in Schollmeyers Pfarrbereich, die nun saniert wird. Die erste war ab 1994 die große Kreuzkirche in Zahna, gefolgt unter anderem von Bülzig, Leetza, Zallmsdorf, Kropstädt und Köpnick. Doch ganz gleich, wie vollendet eine Sanierung ist, irgendwas fällt bei so alten Bauwerken immer an. Oder um es mit Schollmeyer zu sagen: „Es hört nie auf.“ (mz)
