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Kinderbetreuung in Bad Schmiedeberg Kinderbetreuung in Bad Schmiedeberg: Landkreis rudert zurück

Von Marcel Duclaud 15.12.2015, 17:13
Die Kinder kriegen von dem Wirrwarr wenig mit: Emma (l.) und Anna mit Erzieherin Margit Leske in der Trebitzer Kita.
Die Kinder kriegen von dem Wirrwarr wenig mit: Emma (l.) und Anna mit Erzieherin Margit Leske in der Trebitzer Kita. Thomas klitzsch Lizenz

Bad Schmiedeberg - Paukenschlag in Wittenberg: Der Landkreis zieht die Ersatzvornahme, mit der zwangsweise höhere Elternbeiträge für die Kinderbetreuung in Bad Schmiedeberg angeordnet worden sind, zurück. Das sagte Landkreis-Sprecher Ronald Gauert am Nachmittag. An der genauen Formulierung arbeitet die Kommunalaufsicht noch, spätestens am Donnerstag soll sie in Bad Schmiedeberg schriftlich vorliegen.

Stadtrat ist wieder am Zug

Bis dahin gilt formal noch die Satzung mit den höheren Gebühren. Ab Ende der Woche sind die alten Beitragssätze wieder aktuell. Wie es weiter geht und wie das Hin und Her gehändelt werden soll, müssen Verwaltung und Stadtrat von Bad Schmiedeberg entscheiden. Dass es eine neue, veränderte Ersatzvornahme geben wird, schloss Gauert gestern quasi aus. „Im Interesse der Rechtssicherheit ist es nicht sinnvoll, das Problem mittels Ersatzvornahme zu lösen.“

Als Grund für die plötzlich veränderte Auffassung benennt der Sprecher des Kreises ausdrücklich den Ende vergangener Woche bekannt gewordenen Erlass aus dem Innenministerium. „Das ist eine neu entstandene Situation, die wurde bei einem gemeinsamen Treffen von Vertretern aus Stadt und Landkreis bewertet.“

Die Landespolitik mischt inzwischen ordentlich mit in Sachen Elternbeiträge für die Kinderbetreuung, die bekanntlich kräftig zu steigen drohen (die MZ berichtete). Für Aufregung sorgte insbesondere besagter Erlass des Innenministeriums, der klarstellt, „dass es keinen Automatismus für die Erhöhung der Elternbeiträge auf 50 Prozent der verbleibenden Kosten“ gibt. Auch nicht bei Kommunen in der Haushaltskonsolidierung. Grundsätzlich, so heißt es aus dem Hause von Innenminister Holger Stahlknecht (CDU), treffe jede Stadt die Entscheidung über die Höhe der Gebühren, die die Eltern zu berappen haben, „im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung eigenständig“. Der Gesetzgeber habe es „bewusst in das Ermessen der Kommune gestellt“, die Kostenbeteiligung der Eltern festzulegen - „unter Berücksichtigung des Sozialstaatsgedankens“, wie in dem Papier zu lesen ist. Die Rede ist zudem von „Verhältnismäßigkeit“ und „Augenmaß“.

Das kann auch als „Klatsche“ verstanden werden für die Art und Weise, wie im Wittenberger Landratsamt mit der entsprechenden Satzung der Stadt Bad Schmiedeberg umgegangen wurde. Die sah eine saftige Erhöhung der Elternbeiträge vor und wurde drei Mal hintereinander vom Stadtrat abgelehnt. Der Bürgermeister ging regelmäßig in Widerspruch - mit Verweis auf die schwierige Haushaltssituation in der Kurstadt und die Pflicht, mögliche Einnahmen zu erzielen. Schließlich hatte die Kommunalaufsicht Ende November den Räten die Entscheidung abgenommen - und die Satzung per Ersatzvornahme zwangsweise in Kraft gesetzt, mit Gültigkeit bereits zum 1. Dezember (die MZ berichtete).

Das hat die Elternvertreter auf die Palme gebracht, die befürchteten, dass das Beispiel Bad Schmiedeberg Schule machen könnte. Sie haben nicht nur Einspruch eingelegt gegen die Ersatzvornahme und über diverse Mängel geklagt, sondern auch in der Politik interveniert. Die sozialpolitischen Sprecher der Landtags-Parteien erhielten sämtlich Mails aus Wittenberg, in denen Fehler aus Sicht der „Elternrebellen“ aufgelistet werden.

Protest aus Wittenberg

Tobias Ulbrich, Sprecher der Kreis-elternvertretung, sieht den Erlass aus dem Innenministerium denn auch als direkte Reaktion auf den Protest aus Wittenberg. „Meiner Meinung nach muss die Kommunalaufsicht die Ersatzvornahme zurückziehen“, sagte er bereits am Montag. Ulbrich räumte ein, dass es sicher verschiedene Interpretationen des Textes geben mag: „Keiner weiß so genau, wie damit umgegangen werden soll.“ Über die Entscheidung, die gestern im Wittenberger Landratsamt fiel, ist er hocherfreut: „Weihnachten ist gerettet. Das ist ein Riesenerfolg für die Eltern.“ Ulbrich ist dankbar für die Klarstellung des Innenministers. Die habe schon einiges bewirkt, mancherorts sei das Votum über höhere Gebühren bereits vertagt worden. (mz)