Karamba Diaby zu Gast Karamba Diaby zu Gast: Wieder Kunst im Knast?

Wittenberg - Sie könnte tatsächlich Realität werden: die „Wittenberg-Biennale“. Was nach dem Auszug der spektakulären Ausstellung „Luther und die Avantgarde“ aus dem alten Gefängnis von Wittenberg im Spätherbst des Jahres 2017 wie eine wolkige Idee klang, ist gar nicht mehr so wolkig, sondern erstaunlich konkret.
Deutlich wurde das beim Besuch des Bundestagsabgeordneten Karamba Diaby, Wittenberg und Dessau gehören zu seinem „Betreuungswahlkreis“, wie der Sozialdemokrat aus Halle erklärt. Er hat von dem ehrgeizigen Projekt gehört und wollte sich ein Bild machen am Ort des möglichen Geschehens, also am einstigen Wittenberger Gefängnis, in dem, so zumindest der Plan, in regelmäßigem Rhythmus (alle zwei Jahre) zeitgenössische Kunst präsentiert werden könnte.
Für die Eröffnung der ersten „Wittenberg-Biennale“ gibt es bereits einen Termin: 19. Mai 2019.
Den nennt Walter Smerling von der Stiftung Kunst und Kultur in Bonn, der eigens nach Wittenberg kam, um Diaby das Alte Gefängnis zu zeigen und die Spuren, die noch zu sehen sind von der Schau im Reformationsjubiläumsjahr, die rund 45.000 Besucher erlebten und die „sehr positive, teils überschwängliche Reaktionen“ ausgelöst habe, so Smerling.
Die Stiftung hat schon „Luther und die Avantgarde“ vorbereitet und ist nach den Worten ihres Vorsitzenden gebeten worden, ein Konzept zu entwickeln für eine Fortführung von Ausstellungen im alten Gefängnis von Wittenberg - um anzuknüpfen an den Erfolg und Wittenberg ein weiteres Highlight zu bescheren.
Thema soll Europa sein, „Abstraktion und Freiheit“, so der Arbeitstitel. Gezeigt werden könnten Arbeiten von rund 60 Künstlern aus Europa. Ein Projektteam ist gebildet worden, so Professor Smerling: „Wir sind sicher, inhaltlich solch eine Ausstellung realisieren zu können.“ Allein, an finanzieller Sicherheit fehlt es nach wie vor. Das Land habe rund 1,2 Millionen Euro in Aussicht gestellt; wenn der Bund noch rund eine Million beisteuerte, würde sich die Stiftung um die Lücke kümmern, die dann noch existiert, versichert Smerling.
Nur ist eben bislang nicht sicher, dass die Summen tatsächlich zur Verfügung stehen. Smerling: „Wir brauchen bis September eine Entscheidung, sonst müssen wir das beenden.“ Die Zeit bis Mai 2019 werde sonst zu knapp, um die „Wittenberg-Biennale“ vorzubereiten.
Dass der Bau neben dem Amtsgericht, das Alte Gefängnis also, ein reizvoller Platz sei, um moderne Kunst zu zeigen, betont Smerling: „Ein Ort der Unfreiheit. Hier wird etwas Negatives in etwas Positives verwandelt. Das hat schon was.“
Auch Diaby ist angetan von der Idee. Versprechen möchte der Abgeordnete freilich nichts. „Wir wollen ausloten, wie die Unterstützung des Bundes aussehen könnte“, sagt er vorsichtig. Das soll jetzt mit der Vorsitzenden des Kulturausschusses im Bundestag, Katrin Budde (SPD), besprochen werden.
Zuvor hatte Ulrich Schneider, Ex-Geschäftsführer des Vereins Reformationsjubiläum 2017, den Parlamentarier durch das Gebäude mit den vielen engen Zellen geführt, das die Stadt inzwischen gemietet hat. Damals, so Schneider, seien mehr als 300.000 Euro investiert worden, um das Objekt fit zu machen für „Luther und die Avantgarde“.
Das Haus könne genutzt werden, im Sommer jedenfalls, im Winter ohne Heizung sei das schwierig.
Dass die Begeisterung enorm war und letztlich dazu führte, die Schau zu verlängern, bemerkt Schneider. Allerdings sei es aufwändig und nicht ganz billig, so einen Erfolg zu organisieren. „Es braucht bekannte Namen. Und was kostet, das sind Transport, Versicherungen, Personal, Marketing.“
Deutlich einfacher sei es zweifellos, derartige Ereignisse in Leipzig oder Berlin zu bewerben. Seine Mahnung daher: „Das Marketing-Budget für eine Wittenberg-Biennale darf nicht kleiner sein als das bei der Ausstellung Luther und die Avantgarde.“ (mz)