Junge Hüpfer und alte Hasen
Wittenberg/MZ. - Das war 1944. Am internationalen Elbebadetag 2006 in Wittenberg ist der Kemberger wieder mit von der Partie und beweist, dass er die Kunst, gegen den Strom zu schwimmen, immer noch beherrscht. Ohne zu zögern, stürzt er sich am Sonntagmorgen in die Fluten, mit ihm wagen rund 50 Mitschwimmer den Schritt ins nasse Element. Ich warte lieber noch einen Augenblick, schließlich ist es meine erste Mutprobe.
Immerhin, die Sonne scheint, die Wassertemperatur beträgt angenehme 22 Grad Celsius und die Mitstreiter sehen auch nicht alle wie durchtrainierte Athleten aus. Aber hatte nicht Uwe Zander von der Wassersportgemeinschaft Wittenberg gerade noch vor dem hohen Wasserstand und der entsprechend starken Strömung gewarnt? Man könne sich auch einfach auf einer Uferseite zwischen zwei Buhnen treiben lassen, so seine verlockende Offerte. Aber wäre das noch eine richtige Herausforderung?
"Ich bin letztes Jahr schon rüber geschwommen", verrät Anne Isabell Haberland gelassen. Sie ist dreizehn Jahre alt. Nun denn - zwischen jungen Hüpfern und alten Hasen wage ich mich entschlossen Schwimmzug um Schwimmzug weiter vor. Zunächst passiert gar nichts. Na bitte, geht doch. Allein, wenn man den geschützten Uferraum der Buhnen verlässt, lässt der Strom denn doch seine Muskeln spielen und die meinigen werden gefordert. Der Ehrgeiz, das andere Ufer nicht allzu weit stromabwärts zu erreichen, wächst, die Kräfte halten Gottlob mit, und der Gedanke, dass die Wasserwacht das feucht-fröhliche Vergnügen absichert, beruhigt. Ins Schwitzen kommt man ja im Wasser eh nicht.
Das Erreichen des gegenüber liegenden Ufers vermittelt kurz darauf durchaus ein Gefühl von Euphorie. Geschafft. Die Gesichter der Mitschwimmer sehen zumeist auch recht zufrieden aus. Sie strahlen mit der Sonne um die Wette. Während ein Boot der Wasserwacht die Badefreunde ein Stück stromaufwärts bringt, werden Erfahrungen ausgetauscht. "Mein erstes Elbbad in diesem Jahr fand schon im März statt" verrät Helga Freund, "allerdings unfreiwillig." Die leidenschaftliche Rennkanusportlerin ist sonst eher auf als in der Elbe Zuhause. Im Frühjahr hatte sie sich ein neues Kanu zugelegt und war bei vier Grad Wassertemperatur gekentert. Verglichen damit sind die Verhältnisse am Sonntag paradiesisch. "Es macht einfach Spaß, in der Elbe zu schwimmen" findet Herbert Wagner. Der gebürtige Wittenberger - einst in den Buhnen der Elbe so gut wie daheim - hat er lange Jahre in Berlin gelebt und gearbeitet, bevor er im vergangenen Jahr in die Heimatstadt zurückkehrte. Seither hat ihn die alte Leidenschaft wieder gepackt - nicht nur am Elbebadetag. "Das muss man schon mal mitgemacht haben", findet Klaus-Dietrich Balzer nach seiner Premiere, aber für ein regelmäßiges Badevergnügen zieht der Kemberger dann doch den Bergwitzsee vor.
Auf dem gemeinsamen Weg zurück sind dann alle schon gelassene Routiniers, und sich mit der Strömung treiben zu lassen, ist ein echtes Vergnügen. Wieder festen Boden unter den Füßen kann ich nun endlich mit Fug und Recht behaupten, ein "echter Kerl" zu sein. Hat ja auch lange genug gedauert.