Jugendclubs in Wittenberg Jugendclubs in Wittenberg: Wie geht's nebenan weiter?

Wittenberg - Wenn am heutigen Mittwoch der Stadtrat sich im Alten Rathaus mit den „Perspektiven der Kinder- und Jugendeinrichtungen und Treffpunkte“ befasst, dann wird von der Besuchertribüne aus auch Tabea Hartmann die Debatte gespannt mitverfolgen. Die studierte Soziologin ist Leiterin der Jugend-Lounge „nebenan“, deren Förderung die Stadtverwaltung wie berichtet zur Disposition gestellt hat: Man möchte die bisher dort finanzierten 36 Stunden auf andere Clubs verteilen, insbesondere zugunsten der Ortschaften.
„Das ist mein Job“, sagt Hartmann leise und berichtet von dem „kleinen großen Schreck“, der sie auf dem Weihnachtsmarkt erfasste, als sie davon erfuhr. „Aus der Zeitung.“ Bis dato galt - und gilt - die Jugendbegegnungsstätte in der Jüdenstraße als eine erfolgreiche Hinterlassenschaft des Reformationsjubiläumsjahrs 2017.
Im März 2017 von dem christlichen Jugendverband EC (=Entschieden für Christus) eröffnet, ist der kleine, absichtlich altmodisch - besser klingt: Vintage - eingerichtete Raum Anlaufstelle für junge Wittenberger verschiedener Altersgruppen. Die „stärkste Kohorte“, ja, so sprechen die Soziologen, sind Hartmann zufolge die Elf- bis 14-Jährigen, weit über 100 Besuche wurden etwa im August verzeichnet, doch auch in anderen Altersgruppen, bei den Kindern und bei Jugendlichen ab 15 Jahre, sei der Zulauf zuletzt gestiegen.
Einen gewissen Anteil daran mögen die beiden „hoch motivierten“ Bundesfreiwilligen haben, die der Leiterin seit September zur Seite stehen, Simeon Busch, ein gebürtiger Wittenberger, und Hannes Bergander. Damit ist das Team „nebenan“ auch schon komplett.
Fünf Tage in der Woche, von Mittwoch bis Sonntag, ist die Lounge jeweils für mehrere Stunden geöffnet. Neben Klönschnack bei Fritz-Cola oder Fassbrause aus Zahna werden verschiedene Programme angeboten. Gerade hat ein Gitarrenworkshop begonnen - man könne übrigens noch mitmachen, wirbt Hartmann - auch Videos und Hörspiele haben sie dort schon gemeinsam produziert. Regelmäßig kooperiert „nebenan“ zudem mit dem CJVM-Treff in der Fleischerstraße, auch der ist ein Erbe von 2017. Für Partys etwa gingen die Kinder dorthin zum Feiern, allein schon wegen der größeren Räume.
Wertevermittlung durch Tun
Mit dem christlichen Glauben, berichtet Tabea Hartmann, hätten die Kinder, die ins „nebenan“ kommen, „wenig bis gar nichts“ zu tun. Es gehe auch nicht ums Missionieren. „Es ist offene Jugendarbeit“, freilich mit dem Unterschied zu anderen Angeboten, dass „im Umgang“ miteinander christliche Werte erlebbar gemacht würden. Seelsorge mag hier ein zu großes Wort sein - dass die Besucher von „nebenan“ vielfach nicht jene Kinder und Jugendlichen sind, denen von Haus aus sowieso alle Möglichkeiten offenstehen, sei freilich ebenfalls eine Tatsache.
„Es geht nicht nur um Brause und Wassereis, sondern um Zuwendung“, so formuliert es Silke Stattaus vom „Gemeinschaftsverband Sachsen-Anhalt“, der übergeordneten Organisation von EC, der ebenfalls der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) angehört. Der Treff „nebenan“ schließe hier eine „Lücke“ in Wittenberg, so Stattaus, die selbst in der Lutherstadt durchs „Frauenfrühstück“ bekannt ist.
Mit Gottvertrauen
Sowohl Silke Stattaus als auch Tabea Hartmann zeigten sich am Dienstag gegenüber der MZ überzeugt, dass „nebenan“ seine Arbeit auch nach 2020 fortsetzen wird. Abzuwarten bleibt, wie der Stadtrat mit der Forderung des Kulturausschusses verfährt, dass durch die Neuordnung kein Klub schlechtergestellt werden dürfe. (mz)