1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Wittenberg
  6. >
  7. Jubiläum in Wittenberg: Jubiläum in Wittenberg: Paul-Gerhardt-Orchester feiert 2016 sein zehnjähriges Bestehen

Jubiläum in Wittenberg Jubiläum in Wittenberg: Paul-Gerhardt-Orchester feiert 2016 sein zehnjähriges Bestehen

Von Corinna Nitz 12.01.2016, 16:01
In kleiner Besetzung hat am Montag das Paul-Gerhardt-Orchester seine Probe in der Aula im Bildungszentrum Lindenfeld absolviert. Das Wittenberger Ensemble feiert 2016 sein zehnjähriges Bestehen.
In kleiner Besetzung hat am Montag das Paul-Gerhardt-Orchester seine Probe in der Aula im Bildungszentrum Lindenfeld absolviert. Das Wittenberger Ensemble feiert 2016 sein zehnjähriges Bestehen. Thomas Klitzsch Lizenz

Wittenberg - Ende März 2015 musizierte Justin Lohrmann mit seinem Bruder Jonas im Lutherhaus Wittenberg. Einen Tag nach diesem Auftritt, bei dem die Geschwister im Sturm die Hörerschaft im Refektorium eroberten, erspielten sie beim Landeswettbewerb „Jugend musiziert“ in der Kategorie Klavier vierhändig einen ersten Preis.

Am Montagabend dieser Woche sitzt Justin Lohrmann in der Aula im Bildungszentrum Lindenfeld. Er ist jetzt 14 Jahre „alt“ und das jüngste Mitglied des Paul-Gerhardt-Orchesters (PGO), dort spielt er Geige. Der älteste Musiker ist mit 82 Jahren Wilfried Krüger (Cello, Gesang): Man kann ihn übrigens auch als wandelndes Gedächtnis oder Chronist des Klangkörpers bezeichnen, der 2016 sein zehnjähriges Bestehen feiert.

Zur ersten wöchentlichen Probe am Montag hat Krüger mehrere Tagebücher mitgebracht. Die schmalen Hefte geben Auskunft über die Entwicklung des Ensembles, das 2006 als Instrumentalkreis der Paul-Gerhardt-Stiftung an den Start ging mit dem Ziel, Konzerte für ältere Herrschaften in Wittenberg und Umgebung zu spielen.

Und zwar dort, wo viele von ihnen ihren Lebensabend verbringen, in Pflegeeinrichtungen etwa und in Seniorenheimen. Krügers eigene Mutter, damals schon über 90, hatte mit anderen den Impuls dazu gegeben. Die Rede sei von einem kulturellen Vakuum in Wittenberg im Bereich der Orchestermusik gewesen: „Es fehlte was“, erinnert Krüger.

Viel hat sich getan seit den, sagen wir ruhig, bescheidenen Anfängen im August 2006. Aus einem Trio wurde ein Orchester mit teilweise bis zu 25 Mitgliedern, die alle ehrenamtlich tätig sind. Nach strukturellen Veränderungen bei der Paul-Gerhardt-Stiftung begab man sich in die Trägerschaft der Kreismusikschule (KMS) Wittenberg und des dortigen gemeinnützigen Freundeskreises. Das hat den Vorteil, dass man auch Fördermittel beantragen kann. Relativ früh übernahm Michail Marinov die Leitung des Ensembles.

Der Profi-Geiger, der nach Stationen unter anderem am einstigen Mitteldeutschen Landestheater Wittenberg und in der Anhaltischen Philharmonie inzwischen als Honorarlehrkraft an der KMS Geige und Kammermusik unterrichtet, sagt auf die Frage, ob es schwierig war, aus Laienmusikern ein Orchester zu formen: „Wichtig ist, dass die Musiker Vertrauen haben.“ In die eigenen Fähigkeiten, natürlich, und ebenso zum Chef. Dass diese Basis stimmt, wird bei der jüngsten Probe deutlich, und es ist bei den Auftritten des PGO zu spüren.

Die finden längst nicht mehr „nur“ in Seniorenheimen statt, es gibt Krüger zufolge im Wittenberger Stadt- sowie im Kreisgebiet nun 14 Spielstätten. Nach Auskunft von Wanja Marinov, die ihren Mann, den Kapellmeister, bei der Organisation unterstützt, hat das PGO allein 2015 über 100 Proben absolviert und 22 Konzerte vor 3 000 Zuhörern gegeben. Für ein „Bürgerorchester“, wie etwa Johannes Winkelmann das PGO nennt, ist das enorm. Der Geschäftsführer der Lutherstadt Wittenberg Marketing GmbH und Cello-Spieler gehört seit 2007 zum Ensemble.

Und wie treffend der Begriff vom Bürgerorchester ist, wird eben gerade an seiner Zusammensetzung deutlich: (Musik)Schüler und Studenten, Berufstätige und Senioren sind in diesem „sozial-kulturellen Projekt“ vereint.

Das hat sich inzwischen auch außerhalb von Wittenberg bekannt gemacht. Etwa gab man 2014 mehrere Konzerte im Kurort Bad Füssing. Bis heute, so Krüger, unterstütze das dortige Kurorchester das PGO. Ansonsten gibt es treue Förderer und Spender vor Ort, von staatlicher Seite ebenso wie aus der privaten Wirtschaft, die mit dafür gesorgt haben, dass die Ausstattung des PGO erheblich verbessert werden konnte.

Und noch etwas dürfe nicht unterschätzt werden: Durch die Zugehörigkeit zur KMS „haben wir einen Fundus von jungen Schülern“, so Orchestersprecher Michael Hobrack. Schüler wie Justin Lohrmann. Es sei für ihn das erste Orchester, in dem er mitspielt, sagt der 14-Jährige am Montagabend am Rande gegenüber der MZ und auch, dass es ihm Freude macht. Und die Leute, vor denen sie auftreten, insbesondere in den Seniorenheimen, seien „dankbar“. Spricht’s - und geht in die Probe. (mz)

Das jüngste Mitglied: Justin Lohrmann
Das jüngste Mitglied: Justin Lohrmann
Klitzsch Lizenz
„Urgestein“: Johannes Winkelmann
„Urgestein“: Johannes Winkelmann
Klitzsch Lizenz
„Urgestein“: Michail Marinov
„Urgestein“: Michail Marinov
Klitzsch Lizenz
Das älteste Mitglied: Wilfried Krüger
Das älteste Mitglied: Wilfried Krüger
Klitzsch Lizenz
Michael Hobrack
Michael Hobrack
Klitzsch Lizenz