Jubiläum in Gräfenhainichen Jubiläum in Gräfenhainichen: Schwergewichtiges Geschenk

Gräfenhainichen/MZ - Die Flex hat Hochbetrieb. Funken fliegen, Metall wird blank. Katlen Dyballa erfüllt sich einen Wunsch. Sie baut mit an einer von insgesamt drei Stahlskulpturen, die am 4. Juli entlang des Uferwegs zwischen Stadtbalkon und roter Aussichtsplattform aufgestellt werden sollen. Mit denen drücken Jahr für Jahr eine Handvoll Zehntklässler der Gräfenhainichener Ferropolisschule ihrer Schulzeit den Stempel auf.
Orientalist aus Gräfenhainichen
Dass Katlen Dyballa dem Jugendalter entwachsen ist, verhehlt sie nicht. Aber Lust auf Kunst aus Schrott hat die pädagogische Mitarbeiterin allemal. Sie darf mitmachen und feilt an einem schwergewichtigen Geschenk für die Stadt. Gräfenhainichen möchte in diesem Jahr an den 150. Geburtstag eines weiteren Sohnes der Heide erinnern. Hugo Winckler wurde am 4. Juli 1863 in Gräfenhainichen geboren. Als Orientalist machte er sich einen Namen.
Metallplatten beginnen zu glänzen. Sie sind eine Schreibunterlage der anderen Art. „Keilschrift kommt drauf“, weiß Susanne Spies. Auch die Kunstlehrerin werkelt mit am Winckler-Monument. Alles wächst und gedeiht, Schrott erwacht zu neuem Leben.
Genau das ist der Reiz des Kunstprojektes der Ferropolisschule, das 2003 das Laufen lernte und dem nie die Akteure ausgegangen sind. „Kann man doch was für die Ewigkeit machen“, erzählen Martin Halle und Peer Westphal. Die jungen Männer sind in ihrem Element und genau dort, wo sie in ein paar Monaten ins Berufsleben starten wollen. Der Lehrvertrag mit Ambau ist unterschrieben, die Arbeit am Seelenfänger ein erster Fingerzeig.
Es braucht Phantasie, um aus Schrott Kunst werden zu lassen. Zwar gibt es im Kunstkursus immer Ideen für neue Skulpturen. Wie die am Ende aber wirklich aussehen werden, hat neben handwerklichem Geschick auch mit dem Material zu tun. Die Suche danach gleich der nach der Nadel im Heuhaufen. Die Schüler rücken bei Ambau an, stöbern im Schrott. Lampenschirme sind durchaus brauchbar. Auch Stahltüren erlebten schon einen zweiten Frühling. Bruchstücke von Baggerschaufeln werden dieses Jahr ebenso verbaut wie Reste einer Stahlarmierung, an der noch Betonbrocken haften. „Einfach überraschen lassen“, rät Susanne Spies, die für die schwergewichtige Kunst einmal mehr junge Frauen überzeugen konnte. Celine Huth und Gina Sobiechowski stecken in Arbeitskluft, tragen Schutzbrille und Handschuhe. Sie schleifen, schneiden, reißen neues Material an. Das scheinbare Durcheinander hat System. „Und macht wirklich Spaß.“ Und das, obwohl beide Schülerinnen ihre Zukunft auf keinen Fall in einer Werkhalle sehen. Sie wollen auch nach der Abschlussprüfung weiter die Schulbank drücken.
Katlen Dyballa hat ein Papier bei der Hand. Tontafeln sind darauf zu sehen und auf denen Passagen in Keilschrift. „Es wird“, ist die Gräfenhainichenerin überzeugt, als sie Vorlage und die mit Susanne Spies gemeinsam auf den Weg gebrachte freie Interpretation betrachtet.
Der Entdecker im Metall
Die Lehrerin weist auf ein kleines Detail hin. Ganz unten scheint sich ein Mann den Weg durchs Metall zu bahnen. „Der Entdecker.“ Viel mehr wird aber nicht verraten.
