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Jubiläum in Göritz Jubiläum in Göritz: "Das schönste Flämingdorf"

Von henrik klemm 19.08.2015, 18:22
Alles ist vorbereitet - in Göritz kann am Wochenende gefeiert werden.
Alles ist vorbereitet - in Göritz kann am Wochenende gefeiert werden. Alexander Baumbach Lizenz

Göritz - Schon am Freitagabend wird es in Göritz hoch hergehen. Viele von jenen, „die hier mal gelebt haben“, wie es der Sernoer Ortsbürgermeister Peter Nössler (CDU) formuliert, haben ihr Kommen angekündigt. Göritz, das kleine Dorf, in den 1950er Jahren nach Serno eingemeindet, feiert Geburtstag. Passend dazu gibt es eine Chronik der Dorfgeschichte, die mit Spannung erwartet wird. Immerhin: Auf stolze 675 Jahre kann der Ort zurückblicken. In einer Urkunde von 1340 wird das Kirchdorf Ghorycz erstmals erwähnt. Da beginnt die Geschichte.

Etliche Zeit später schreibt Emil Weyhe in seiner „Landeskunde des Herzogtums Anhalt“: „An der einzigen Dorfstraße reihen sich meist kleine Häuser, aber auch einige ansehnliche aneinander.“ 1818 gab es dort 110 Einwohner, 1905 waren es noch 104.

Gleich am Ortseingang von Göritz, wenn man aus Richtung Autobahn 9 kommt, befindet sich der Festplatz mit Festzelt. Dort kann auch geparkt werden. Alles, so Peter Nössler, werde bestens ausgeschildert sein.

Am Sonnabend geht es 10 Uhr mit einer Eröffnungsansprache auf dem Festplatz los. Eine halbe Stunde später wird der Drei-Dörfer-Lauf (Göritz-Serno-Grochewitz-Göritz) gestartet. Gegen 12 Uhr soll die Siegerehrung stattfinden.

In den Gärten einiger Gehöfte können alte Landmaschinen und ihre Funktionsweise bestaunt werden, gibt es Historisches in einer Ausstellung zu sehen, entstehen Holzskulpturen mit der Kettensäge und öffnet eine Schauschmiede.

Ein Marionetten-Spiel greift ab 13 Uhr in der Gustav-Adolf-Kirche die Ortsgeschichte auf. Siegfried Günther aus Görzke verspricht als „Strippenzieher“ eine abwechslungsreiche knapp 40-minütige Geschichte. Von 14 bis 17 Uhr spielt dann das Jugendblasorchester aus Wiesenburg im Festzelt. Gegen 17.30 Uhr lädt die Sernoer Feuerwehr zu Vorführungen auf dem Festplatz ein. Ab 20 Uhr gibt es Live-Musik mit der TB-Session-Band aus Treuenbrietzen.

Den ganzen Tag über, so die Veranstalter, gebe es keinen Mangel an Ess- und Trinkbarem.

Und heute? Peter Nössler kann es so genau nicht sagen, es gebe keine statistischen Angaben dazu. „40 Personen, das könnte etwa hinkommen“, fügt er an. Auch Göritz ist wie viele Flämingdörfer vom demografischen Wandel betroffen.

Trotzdem sei Leben im Dorf, sagt der ehemalige Oberbürgermeister von Dessau-Roßlau und Autor der Dorfchronik, Klemens Koschig. Weil die Gemeinschaft zusammengerückt sei. „Für mich“, fügt er hinzu, „ist Göritz das schönste Flämingdorf.“ Deshalb habe er gern das Recherchieren und Schreiben der Chronik übernommen. Zudem komme seine Frau Silvia aus dem Ort, seit 40 Jahren sei er deshalb dort ebenfalls ein wenig zu Hause.

Wolfgang Linz indes ist in Göritz geboren. Der 63-Jährige, der dem Festkomitee vorsteht, bedauert, dass nur noch zwei Kinder im Ort leben. „Göritz ist total überaltert“, fügt Peter Nössler (52) hinzu. Im Festkomitee seien er und Linz noch die Jüngsten gewesen. „Es gibt keine Arbeit, keine Firma im Ort, nichts, gar nichts“, sagt der Sernoer Bürgermeister. Was es jedoch gibt, das sind Naturdenkmale, ein beliebtes Jagdrevier, Ackerflächen und viel, viel Wald. Zum Glück habe sich der Zirkus „Harlekin“, der Tiere für den Auftritt in der Manege ausbildet, auf dem ehemaligen LPG-Gelände angesiedelt. „Die halten das Grundstück in Ordnung“, erklärt Linz, denn Betrieb ist in der Schweineanlage und im Jungrinderstall schon seit Jahrzehnten nicht mehr. Nach der Wende wurde die Außenstelle der LPG „Freundschaft“ Serno dicht gemacht.

Mehr Betrieb gibt es da schon auf der durch den Ort führenden Bundesstraße 107, gern als Ausweichstrecke zwischen A 9 und A 2 von Lkw genutzt, deren Fahrer keine Maut zahlen möchten. „Da wird viel zu schnell gefahren“, sagt Nössler und wäre froh, wenn die Polizei dort öfter die Geschwindigkeit kontrollieren würde.

Später, nach dem Fest.

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Festzug zum Schwedenstein

10 000 Menschen sollen es gewesen sein, die sich am 2. September 1840 vom anhaltischen Coswig nach Göritz auf den Weg gemacht haben, um die feierliche Einweihung des Denkmals am dortigen Schwedenstein mitzuerleben. 10 000! Kaum vorstellbar und damals europaweit beachtet.

Solch einen Andrang wird es am kommenden Sonntag wohl nicht geben, wenn die Göritzer mit ihren Gästen der Einweihungsfeier vor 175 Jahren gedenken. In Anlehnung ans Geschehen von 1840 soll jedoch ein Festzug zur historischen Stätte führen, die sich abseits der Straße nach Serno befindet.

Der Marsch beginnt auf dem Festplatz in Göritz. 13 Uhr wird zum Sammeln geblasen, 13.30 Uhr geht’s vorbei an Wimpelketten, die das Dorf schmücken, gemeinsam zum Denkmal. Dort wird Pfarrer Holm Haschker einen festlichen Gottesdienst halten. Mit vor Ort sind der Schützenverein Coswig, der Männerchor Serno und der Posaunenchor Coswig. Schützen aus Bad Belzig werden stilecht mit Kanonenböllern die Versammelten begrüßen.

Erinnert wird dann an Ereignisse, die bis in den Dreißigjährigen Krieg zurückreichen. Im August des Jahres 1631 lagerte nämlich der Schwedenkönig Gustav II. Adolf ebendort mit seinem Heer, wo heute das Denkmal steht. Der Protestant kämpfte gegen die kaiserlichen katholischen Truppen, die Schlacht bei Leipzig stand unmittelbar bevor.

Der Überlieferung nach bäumte sich sein Pferd auf, als er es bestieg, und hinterließ mit seinem Huf ein Zeichen (Trappe genannt) auf einem Stein. Der König soll ausgerufen haben: „Jetzt stehen wir Schweden noch als Feinde hier, aber nach grauen Jahren werden Schweden, und dann als Freunde, diese Trappe noch wieder sehen.“ Genau so sollte es ein, denn 1813 lagerte dort der gebürtige Franzose und 1818 zum Schwedenkönig ernannte Karl XIV. Johann, damals noch Marschall Bernadotte, mit seinem Heer vor der Schlacht bei Dennewitz und hielt Betstunde ab.

27 Jahre später konnte dann das Denkmal eingeweiht werden. Es trug die Inschrift „Hier standen mit ihren siegreichen Heeren Gustav II. Adolph (1631) - Carl XIV. Johann (1813). Sie kämpften für Deutschlands Freiheit. Der Deutschen Dank weihete diese Stätte am 2. September 1840“. Die im Original erhaltene Erinnerungstafel befindet sich heute jedoch in der Gustav-Adolf-Kirche Göritz. Am Denkmal sieht man eine Kopie mit gekürzter Inschrift, die wohl zu DDR-Zeiten angebracht wurde. (mz)

Das Denkmal in Göritz, davor im Boden der Schwedenstein
Das Denkmal in Göritz, davor im Boden der Schwedenstein
Alexander Baumbach Lizenz