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Initiative in Wittenberg Initiative in Wittenberg: Bisschen mehr Zeit

Von Marcel Duclaud 01.12.2018, 08:34
Ramona Weiß und Marco Glaß wollen sich Zeit nehmen für andere.
Ramona Weiß und Marco Glaß wollen sich Zeit nehmen für andere. Thomas Klitzsch

Wittenberg - Der Name ist Programm – und vermutlich eine Marktlücke. Sich Zeit nehmen, das ist ein bisschen abhanden gekommen bei allem Druck, unter dem viele Menschen heutzutage stehen. „Sich Zeit nehmen“ heißt denn auch ein kleines Unternehmen, das Anfang Dezember in Wittenberg an den Markt geht.

Beteiligt ist ein Mann, der bekannt ist in der Stadt - nicht zuletzt durch sein ehrenamtliches Engagement: Marco Glaß hat schon einiges auf die Beine gestellt mit dem Verein Projektschmiede. Erinnert sei nur an das Schlittschuhfahren am Amselgrund oder die Diskotheken für Menschen mit Behinderung, Handicap-Days genannt.

Jetzt hat er seinen Job beim Augustinuswerk gekündigt und startet gemeinsam mit seiner Partnerin Ramona Weiss in das Abenteuer Selbstständigkeit. Glaß weiß, was er tut, der einstige Handwerker, Installateur mit Meisterausbildung, der Erzieher als Quereinsteiger wurde, konnte reichlich Erfahrung sammeln im Umgang mit Menschen, die das ein oder andere Handicap haben.

Er weiß auch, woran es oft fehlt, bei Pflegediensten etwa, deren Mitarbeiter unter Zeitdruck stehen. Seine Lebensgefährtin, die über 20 Jahre lang als Bankkauffrau gearbeitet hat, möchte ebenfalls eine neue Herausforderung in Angriff nehmen. Sie absolviert gerade ihre Erzieherausbildung. „Die Idee ist am Küchentisch entstanden. Wir reden schon seit einigen Jahren darüber.“ Jetzt wird sie in die Tat umgesetzt.

Die beiden Wittenberger haben einen Betreuungsdienst gegründet mit einem bunten Strauß an Angeboten. Er richtet sich an Menschen mit Behinderung, aber auch etwa an Senioren mit Pflegegraden, die nicht mehr so richtig aus dem Haus kommen. Marco Glaß und Ramona Weiss möchten ihnen die Möglichkeit eröffnen, ein bisschen mehr am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen - und dabei zugleich Angehörige entlasten.

Vorstellbar ist vieles, sagen sie: etwa die Begleitung zum Einkauf, zum Hausarzt, zu Behörden, zum Wochenmarkt, zu kulturellen Veranstaltungen oder Unterstützung im Haushalt. Aber ebenso gemeinsames Kuchenbacken oder Spielen oder Vorlesen oder einfach nur zuhören. „Wir möchten die Menschen mobilisieren“, sagt Glaß.

Deshalb soll das Angebot auch erweitert werden auf Ausflüge oder Mehrtagesreisen, an die Ostsee etwa oder ins Elbsandsteingebirge oder nach Prag. Das wären dann natürlich Gruppenangebote. Was die Finanzierung betrifft, verweisen sie auf Betreuungs- und Entlastungsleistungen über die Pflegekasse oder auf das Persönliche Budget für Menschen mit Behinderung.

Aber jetzt gilt es erst einmal, einen Kundenstamm aufzubauen, sich bekannt zu machen. „Einige Interessenten, mit denen wir starten können, haben wir bereits.“ Sie wollen in Seniorenvereine gehen, zu Selbsthilfegruppen, in Werkstätten für Behinderte.

Dass der Bedarf groß ist an Menschen, die sich ein bisschen Zeit nehmen, davon sind die beiden Wittenberger überzeugt. Zeit nehmen will sich Marco Glaß im Übrigen auch noch für den Verein „Projektschmiede“. Projekte wie das Schlittschuhlaufen, den Weihnachtskalender oder die Handicap-Days soll es auch weiterhin geben. (mz)