Hundertwasser Hundertwasser : Bildung trifft Kunst trifft Ökologie

Wittenberg - Nicht nur urbanes Gärtnern erfreut sich zunehmender Beliebtheit, sondern auch die Imkerei in der Stadt, neudeutsch: urban beekeeping. Zwar haben sie sich im Haus Hundertwasser des Luther-Melanchthon-Gymnasiums (LMG) in Wittenberg kein Bienenvolk zugelegt, dafür aber ein Hochbeet eingerichtet. An den dort wachsenden Blumen und Kräutern kann sich Apis mellifera delektieren, so sie die neue Nahrungsquelle entdeckt.
Im fliegenden Klassenzimmer
Unter dem Motto „nectar to fly statt coffee to go“ wurde das Hochbeet jetzt eingeweiht und am Dienstag im Rahmen der Veranstaltung „Groove im Park“ Schülern, Lehrern und sonstigen Interessierten vorgestellt. Wer es sehen wollte, musste hoch hinaufsteigen in das so genannte fliegende Klassenzimmer. Wie viele Stufen es bis dorthin sind, blieb unklar, auf jeden Fall sehr viele.
Belohnt wurde man mit Aussicht und der Begegnung mit hochmotivierten Schülern. Mit dabei waren auch jene, welche nicht nur das Hochbeet gebaut haben und es künftig pflegen wollen, sondern die zudem mit ihrer siebten Klasse an dem bundesweiten Schülerwettbewerb „Grünes Licht für Bienen“ teilnehmen.
Realisiert wurde das Projekt mit der Lehrerin Laura Herkt. Eine Inspirationsquelle war wohl der Besuch bei einem Imker. Und wer erst einmal anfängt, sich mit Bienen zu beschäftigen, dem bleibt freilich auch deren Gefährdung nicht lange verborgen. Die Ursachen dafür reichen von der Varroamilbe bis zum rücksichtslosen Einsatz von Pestiziden. Und, so Chiara Bauer und Lilli Herrmann von der „Bienengruppe“, es geht um landwirtschaftliche Monokulturen, die das Nahrungsangebot (nicht nur) für Bienen drastisch beschränken.
Das Bienen-Hochbeet-Projekt verweist im 20. Jahr nach der Umgestaltung der Plattenbauschule zum bunten Hundertwasserbau auf einen weiteren Schwerpunkt in der Konzeption: neben Bildung, klar, spielt Kunst eine wichtige Rolle - und eben auch der ökologische Gedanke (siehe auch „Relief ist enthüllt“).
Vom Künstler selbst sind Sätze wie die folgenden überliefert: „Wir müssen einen Friedensvertrag mit der Natur anstreben, der einzig schöpferischen übergeordneten Macht, von der der Mensch abhängig ist.“ Oder auch: „Nur wer nach den Gesetzen der Natur und der Schöpfung lebt, kann nicht irren.“
Unbeirrt ihr Ziel verfolgt haben vor mehr als 20 Jahren jene Menschen in der Stadt, die aus dem DDR-Zweckbau eine, wie es auf der Homepage des LMG heißt, „Traumschule“ machen wollten: mit begrünten Dächern, aus Fenstern wachsenden Bäumen und den für Friedensreich Hundertwasser typischen architektonischen Stilelementen.
Jetzt wurde eine am 19. Mai mit einer neuen Inszenierung der hauseigenen Theatergruppe „dunkelbunt“ eröffnete Festwoche (die MZ berichtete) auch dazu genutzt, zurückzublicken und mit jenen ins Gespräch zu kommen, die damals dabei waren. Zum Beispiel Jana Wiederhold: Die Pädagogin sprach gegenüber der MZ von einer „herausfordernden Zeit“, etwa als es 1997 darum ging, die Schule vor dem Umbau leerzuziehen.
Gut 600 Schüler mussten auf sechs Ausweichstandorte verteilt werden, unterrichtet wurde u. a. in einer Kita und im Ballettsaal eines Jugendzentrums. Über die erste Schülergeneration nach der Rückkehr 1999 sagte Wiederhold, diese sei „sehr respektvoll mit der Schule umgegangen“.
Im Mittelpunkt
Eine, die damals noch nicht in Wittenberg unterrichtete, ist Heike Masser: Bis zu dessen Schließung war sie am Heidegymnasium Pretzsch tätig. „Beneidet“ habe sie die Kollegen und Schüler in der Lutherstadt, nun ist sie unverkennbar begeisterte Lehrerin an der Hundertwasserschule. Und die sei nicht nur Mittelpunkt eines Wohngebietes, wie Hundertwasser es gewünscht habe, sondern auch ein „Touristenmagnet“. (mz)