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Hufschmied Sebastian Dreisow aus Pratau Hufschmied Sebastian Dreisow aus Pratau: Maßanfertigung für Pferde

Von Andreas Benedix 28.05.2015, 09:14
Wagenklappe auf, Eisen ins Feuer. Der Rest verläuft wie von alters her (im blauen Shirt: Sebastian Dreisow)
Wagenklappe auf, Eisen ins Feuer. Der Rest verläuft wie von alters her (im blauen Shirt: Sebastian Dreisow) Benedix Lizenz

Schmilkendorf - Der Geruch nach verbranntem Horn liegt in der Luft über dem „Pferdehof Ahlers“ in Schmilkendorf. Sebastian Dreisow aus Pratau ist bei der Arbeit. Der Hufschmied betreut hier alle sechs bis acht Wochen 25 bis 30 Pferde. Neben den „Oldenburgern“, die von Katrin Ahlers und ihrem Mann gezüchtet und als Spring- oder Dressurpferd ausgebildet werden, finden etliche Pensionstiere am Rande des Wittenberger Ortsteils Unterstand, Futter und liebevolle Betreuung.

Unterstützt wird Dreisow an diesem Tag von Siegfried Händler. Der Bad Dübener hat sich einen Namen gemacht, als er 2006 mit seiner Postkutsche in 30 Tagen von Paris nach Leipzig fuhr. „Wir haben uns auf die Spuren des „Eisernen Gustavs“ begeben, der 1928 mit seiner Droschke von Berlin nach Paris gefahren ist. 220 Stunden habe ich damals bei meiner Tour auf dem Bock gesessen“, erzählt er stolz.

Anreise mit der mobilen Hufschmiede

Dreisow ist nicht mit der Kutsche, sondern mit seiner mobilen Schmiede angereist. Im Transporter befinden sich alle nötigen Utensilien, vom Amboss bis zum Gasbrennofen, vom Elektro-Schleifgerät bis hin zu jeder Menge Hufeisen-Rohlingen. Der 32-Jährige beherrscht sein Handwerk und ist bei Pferdehaltern im Umkreis von bis zu 100 Kilometern sehr gefragt.

Dabei wurde ihm dieser Beruf nicht in die Wiege gelegt. Geboren wurde Dreisow als Sebastian Seifert am 7. April 1983 in Wittenberg, wo er die „Friedrichstadt-Schule“ besuchte. „In der Schule hat mir mal das Arbeitsamt einen Ferienjob bei einem Hufschmied vorgeschlagen. Da bin ich hingestolpert und hatte meinen Traumberuf gefunden.“ Es folgte eine dreieinhalbjährige Lehre zum Metallbauer mit Fachrichtung Hufbeschlag/Hufpflege, dann ein zweijähriges Praktikum. Bevor er seine staatliche Anerkennung als Hufschmied erhielt, musste Dreisow noch eine halbjährige Pflichtausbildung in der Tierklinik der FU Berlin absolvieren. „Man arbeitet am lebenden Tier, daher sind veterinärmedizinische Kenntnisse sehr wichtig. Schließlich ist der Beschlag des Hufes nur ein Teil unserer Arbeit. Bedeutend öfter müssen wir tätig werden, um orthopädische Korrekturen am Huf der Tiere vorzunehmen.“ Seit 1999 steht er nun im Beruf und ist seit 2008 selbstständig.

Passgenaue Anfertigung

Inzwischen führt Händler einen „Patienten“ vor, lässt ihn weit ausschreiten sowie kurze Schritte machen. Der elfjährige Wallach musste vor kurzem operiert werden, da er infolge einer Erkrankung lahmte. „Wichtig ist, dass man sich das Gangbild vor dem Beschlag genau anschaut. Nur so kann man Fehlstellungen erkennen“, erklärt Dreisow. Mittlerweile ist das Pferd wieder gut „zu Fuß“, bedarf aber neuer „Schuhe“. Mit geübten Handgriffen entfernt der Schmied das alte Eisen, säubert gewissenhaft den Huf, beschneidet und glättet ihn und bereitet so den Neubeschlag vor. Aus den Rohlingen hat Dreisow bereits ein passendes Eisen ausgesucht, das bei 1.000, 1.100 Grad im Gasbrennofen „warm gemacht“ wird. Mehrmals wird es dem Huf angepasst, mittels Hammer und Amboss gerichtet, schließlich aufgebrannt und glatt geschliffen.

„Dieses Eisen passt jetzt nur zu diesem Pferd und nur zu dessen linkem Vorderhuf“, erklärt Dreisow. Nach einer weiteren Säuberung des Hufes wird die „Maßanfertigung“ aufgeschlagen. „Die Wahl der Nägel hängt sehr stark von der Hornqualität ab und beim Nageln muss Maßarbeit geleistet werden. Hier sind wir mitunter nur zwei bis drei Millimeter vom durchbluteten und damit schmerzempfindlichen Gewebe entfernt.“ Der Wallach zuckt jedoch nicht mit der Wimper und lässt das Prozedere geduldig über sich ergehen. Abschließend wird wieder das Gangbild kontrolliert, bevor Siegfried Händler das nächste Bein des Pferdes in Stellung bringt. Ob das Tier als Sportpferd erfolgreich ist, hängt großteils von der Arbeit des Hufschmieds ab. Allerdings nicht ausschließlich. „Ein Pferd“, so Dreisow, „ist immer so gut wie sein schlechtestes Bein. Und wenn noch zwei oben drauf kommen, gehören die dazu.“ (mz)

Sebastian ist manchmal auch als Hufschmied tätig.
Sebastian ist manchmal auch als Hufschmied tätig.
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