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Hochzeit in Wittenberg Hochzeit in Wittenberg: Der schönste Tag

Von rainer schultz 11.06.2013, 17:26
„Luthers Hochzeit“ wurde abgesagt, die Hochzeit von Steffi Bernhardt und Steffen Hähndel hat trotzdem stattgefunden.
„Luthers Hochzeit“ wurde abgesagt, die Hochzeit von Steffi Bernhardt und Steffen Hähndel hat trotzdem stattgefunden. klitzsch Lizenz

wittenberg/MZ - Großer Bahnhof für das Brautpaar. Geleitet von der Stadtwache begab sich am Sonnabend Punkt 11 Uhr ein Hochzeitszug vom Holzmarkt in Richtung Rathaus, gesäumt von einem 200 Meter langen Spalier. Spontaner Beifall - auch von einigen amerikanischen Touristen. „Oh, very lovely“, kamen die bewundernden Worte aus dem Munde der Wittenbergbesucher. Beim Anblick des heran nahenden Paares waren diese fasziniert. Sofort wurden die Fotokameras gezückt. „Old Germany“ und dessen Historie verzückten die Touristen.

Dem Fest entsprechend angemessen gekleidet, erschien das Brautpaar in aristokratischem Gewand des 16. Jahrhunderts. Vor dem Rathausportal bot sich trotz Ausfall von „Luthers Hochzeit“ das Bild eines historischen Festes. Zwar waren es keine 100 000 jubelnde Zuschauer, dafür eine überschaubare Kulisse auf dem Wittenberger Marktplatz, die umso intensiver dieses Ereignis miterleben durfte. Und welche Freude: Die frischgebackenen Eheleute - sie standen im Mittelpunkt. Der Wunsch von Marlon (8) und Hendrik (5) hatte sich nun doch noch erfüllt.

„Unsere Söhne waren ganz traurig, als wir nach der Stadtfestabsage mit dem Gedanken spielten, unsere Hochzeit, die wir für diesen besonderen Tag geplant hatten, ebenfalls abzusagen“, schilderte Steffi Bernhardt, die Braut, die verworrene Situation. „Mama, Papa ihr müsst aber heiraten“, lautete die eindringliche Bitte der Söhne. Und das taten Steffi Bernhardt und Steffen Hähndel am Sonnabend auch - genauso wie die beiden anderen Paare, die sich auf „Luthers Hochzeit“ das Jawort geben wollten. „Im vorigen Jahr zu Luthers Hochzeit entstand der Gedanke. Mein Mann Steffen, mit dem ich seit elf Jahren zusammen bin, zeigte sich von der Idee sofort angetan. Wenn wir schon heiraten, dann sollte es keine 0-8-15-Hochzeit werden“, beschrieb angehende Ehefrau kurz vor der Trauung die Vorgeschichte.

Nachdem der Ausfall von „Luthers Hochzeit“ klar war, tagte der familiäre Krisenrat. „Wir hatten uns alle schon zuvor in diese Rolle so reingesteigert und nun das plötzliche Aus.“ Alles Für und Wider wurde abgewogen. Das Ergebnis lautete: „Jetzt erst recht. Vielleicht ist das Ganze auch ein gutes Omen für die Zukunft. Wir wollen allen Hochwasserbetroffenen auch Mut machen. Das Leben geht weiter.“ Bräutigam und die Kinder wurden am Tag vor der Hochzeit bei Freunden einquartiert. „Sie alle waren extrem aufgeregt und hätten die Vorbereitungen nur gestört“, meinte die Braut mit einem Lächeln. Friseurin Sibylle Stäbler zauberte unterdessen mit ihrer ganzen Kreativität eine Hochzeitsfrisur. Das Ergebnis konnte sich sehen lassen. „Es macht stets Freude, den Kopf einer Braut zu verschönern. Es ist so etwas wie die Kür in meinem Beruf.“

Sigrid Bartholomäus, die Brautmutter, wusste im Vorfeld genau, was zu tun ist. „Schließlich kann man die Organisation eines solchen Festes nicht dem Zufall überlassen.“ Auch Ilse Hähndel, Mutter des künftigen Ehemanns, war schon aufgeregt. Doch die Brautleute war sich einig: „Wir haben volles Verständnis für die Stadtfestabsage. In einer solchen Notsituation, kann man nicht unbeschwert feiern.“