Heimatkalender in Wittenberg Heimatkalender in Wittenberg: Pünktlich zum Fest im Buchhandel

Wittenberg - Es ist ein bemerkenswerter Wandel, den der einstige Brückenkopf bis zum heutigen Marina-Camp erlebt hat. Der Geschichte des einst wichtigen militärischen Geländes, das den Zugang zur Elbbrücke auf der Südseite des Flusses sicherte, ist Horst Schumann auf die Spur gegangen. Fast 20 Seiten des kürzlich erschienenen Wittenberger Heimatkalenders sind dem Areal gewidmet, das viele Wittenberger noch als von der Sowjetarmee besetzt kennen und das sich nach der Wende zu einem schmucken Hotel samt Caravan-Platz direkt vor den Toren der Lutherstadt gemausert hat.
Fakten um Luthers Grab
Der Artikel zum Brückenkopf ist einer von zwölf Beiträgen verschiedener Autoren in der Publikation, dessen Stärke seit der ersten Ausgabe die Vielfalt ist. Auch der Kalender für 2016 punktet dahingehend. Immer wieder lesenswert sind die Beiträge des Wittenbergers Bernhard Gruhl über Details der Schlosskirche, diesmal hat er allerlei Tatsachen und Legenden um die Gebeine Martin Luthers in der Schlosskirche zusammengefasst. Darin geht es unter anderem um die Einnahme Wittenbergs 1547 im Schmalkaldischen Krieg, als es von Seiten der Bevölkerung Befürchtungen gab, die Kriegsgegner um Kaiser Karl V. könnten aus Rache das Grab in der Kirche öffnen und die sterblichen Überreste des dort ein Jahr zuvor bestatteten Luther schänden.
Auch beim großen Umbau der Kirche 1892 durfte die Grabesruhe auf kaiserliche Order eigentlich nicht gestört werden - dennoch hatten der Regierungsbaumeister Paul Groth und der Maurerpolier Heinrich Römhild heimlich nachgesehen, fanden den Sarg und die Gebeine „in noch ziemlich gutem Zustand“. Damit konnten die Gerüchte, dass Luthers Sarg leer sei, widerlegt werden.
Mit vielen alten Aufnahmen illustriert ist die Geschichte der Friedrichstadt, aufgeschrieben von dem inzwischen verstorbenen Rolf Kai. Vor allem die Veränderungen im 20. Jahrhundert, die lebendigen Geschichten um Menschen und Häuser sind spannend. Wer weiß schon noch, dass die Gaststätte „Zwei Linden“ das Vereinslokal des Männerturnvereins Friedrichstadt war und es im Saal Vorrichtungen zum Aufbau der Sportgeräte gab. Kai erklärt Flurnamen, plaudert kurzweilig über Vereine, Feuerwehr und Gewerbe.
Autoren fehlen
Das bewegende Schicksal eines in Möllensdorf geborenen Soldaten im Zweiten Weltkrieg, dazu Sport, Steuern und der Besuch von Helmut Schmidt in Wittenberg - die Palette der Beiträge ist breit. Allerdings scheinen Herausgeber Mario Dittrich die Autoren auszugehen. Die Hälfte der Beiträge stammt von Richard Thomas und Rainer Schultz. Das ist kein Makel, aber noch mehr Autoren und mehr Geschichten aus anderen Orten rund um Wittenberg würden der Broschüre, die in diesem Jahr im Kalendarium Bilder des Malers Manfred Wenzel zeigt, gut tun. Vielleicht ändert sich das im kommenden Jahr, dann wird es die 20. Ausgabe des Heimatkalenders von Wittenberg und Umgebung geben.
