Groß hilft Klein in Wittenberg Groß hilft Klein in Wittenberg: Zuversichtlich in die Zukunft mit der Hofwirtschaft

Wittenberg - Was ist der Preis für ein Domizil am historischen Ort? Zum Beispiel gibt es keinen Starkstromanschluss. Deshalb arbeiten sie in der Hofwirtschaft auf dem Cranach-Hof in der Wittenberger Schlossstraße 1 mit einem herkömmlichen Vier-Platten-Herd. Chapeau!
Zur Überbrückung
Fast neun Wochen blieb die kleine Küche nun allerdings kalt: Weil auch dort die Türen zum Schutz vor dem Corona-Virus zuklappten und Nadine Krickemeier, die junge Chefin der Hofwirtschaft, ihre beiden Angestellten in die Kurzarbeit schicken musste. Sie selbst hat, noch bevor sie Corona-Soforthilfe beantragte und sich bei der SKW-Aktion „Groß hilft Klein“ bewarb, 15 Blindbewerbungen geschrieben. Das war einen Tag nach dem verordneten Shutdown, am 23. März.
Wenig später habe sie in einer örtlichen Versandapotheke ihren ersten Dienst angetreten. Während anderswo die Wirtschaft in die Knie ging, gab es dort offenbar ein höheres Arbeitsaufkommen. Ihre Tätigkeit im fremden Metier ist auf drei Monate begrenzt. Die Hotelfachfrau, die früher unter anderem im Best Western in Wittenberg gearbeitet und dort auch zwei Jahre ein Restaurant geleitet hat, habe was zur Überbrückung gesucht. Etwas, das ihr half, in dieser Situation persönlich über die Runden zu kommen.
Erschwerend zur Misere hinzukam, dass ihr das Kurzarbeitergeld für ihre Mitarbeiter, einen Koch und einen Kollegen im Service, erst sehr spät erstattet worden sei. Denn obschon es eine Eingangsbestätigung für die eingereichten Unterlagen gab, so hätten diese gefehlt. Das Geld sei erst vor wenigen Tagen gekommen: „Es war kurz vor zwölf.“ Inzwischen ist der Druck etwas raus, zum einen konnte Krickemeier bestimmte Fixkosten teilweise stunden lassen.
Zum anderen hat sie mit der Hofwirtschaft 7.500 Euro aus dem SKW-Hilfsfonds erhalten. Mit der Aktion sollten in Wittenberg durch Corona in Not geratene Kleinstunternehmen unterstützt werden. Die 37-jährige Krickemeier sagt zur MZ, sie möchte das Geld auch dafür verwenden, ihren Angestellten, die noch verkürzt gehen, wieder mehr Lohn zu zahlen. Über die Zuwendung sagt sie: „Ich wäre auch mit weniger glücklich gewesen.“ Das nimmt man ihr sofort ab, genauso wenn sie erklärt: „Ich liebe diese Arbeit.“
Die läuft langsam an, am 22. Mai hatten sie das erste Mal seit dem verordneten Aus wieder geöffnet. Hinsichtlich der Resonanz sagt Krickemeier, hätte es sich um ein Wochenende im Januar gehandelt, dann wäre es gut gewesen. Wirklich besser sei es erst zu Pfingsten geworden, da hätten sie auch gespürt, dass Sachsen-Anhalt seine Landesgrenzen wieder geöffnet hatte.
Beliebt bei Familien
Was 2020 betrifft, so sei es im Januar und Februar „super angelaufen“ und praktisch ausgebucht waren sie im März. Das Lokal sei zuletzt gerade bei Familienfeiern immer beliebter geworden. Doch wegen der Umstände, die ein unsichtbares Virus wie Sars-CoV-2 der Welt beschert, gebe es Stornierungen zum Teil bis in den August, erzählt Pächterin Krickemeier.
Sie sitzt im östlich gelegenen Gastraum: Um die geforderten Abstände einzuhalten, hat sie kein Mobiliar entfernt, sondern Dehoga-Vorgaben ausgedruckt und auf jene Tische gelegt, die tabu sind. Was sie sich wünscht? „Normalität.“ Und was wäre das? Dass sich die Menschen „wieder normal bewegen können“, eben auch in einem Lokal. Der Anfang ist ja nun gemacht. Nadine Krickemeier strahlt Zuversicht aus, betont aber: „Ein zweiter Shutdown dürfte nicht passieren.“
››„Groß hilft Klein“ ist eine Aktion des Unternehmens SKW Piesteritz, das 432.000 Euro gab, um durch die Corona-Pandemie in Not geratenen kleinen Wittenberger Firmen aus der Kernstadt und Piesteritz zu helfen. Kooperationspartner sind Stadt, Gewerbeverein und MZ, die auch der Jury angehörten. (mz)