Gräfenhainichens «Klönne» war einst eine Welt-Rarität
GRÄFENHAINICHEN/MZ. - Der Chemiker Hugo Stolzenberg kaufte danach das Gelände und errichtete eine Chemische Fabrik, in der Chlor, -kalk und Alkalilauge hergestellt wurden.
Nur noch die älteren Bürger von Gräfenhainichen kennen den Weg vorbei an der "Chemischen" beziehungsweise "Stolzenberg" bis zur 1,5 Kilometer entfernt gelegenen Gaststätte Dammmühle. Bis heute sind diese Bezeichnungen im Volksmund erhalten geblieben, wenn in Richtung Gröberner See gewandert wird. Dagegen haben kaum noch Bürger Kenntnis oder Erinnerungen an das Industriegelände mit einem sehr seltenen Bauwerk: Die Wasserkugel "Klönne" zählte weltweit zu den Raritäten.
Der Gräfenhainichener Hobby-Chronist Erich Schacher kannte aus seiner Kindheit diesen Ortsteil und hat noch heute ein Foto, auf dem deutlich das seltene technische Bauwerk zu sehen ist. 1925 hatte der Gräfenhainichener Hugo Stolzenberg von der Firma August Klönne aus Dortmund diesen Stahlbehälter mit kegelförmiger Abstützung bauen lassen. Die Kugel besaß ein Fassungsvermögen von 200 Kubikmetern und war 47 Meter hoch. Das Wasser wurde aus einem Brunnen nach oben gepumpt, so dass bei dieser Höhe ständig ein ausreichender Wasserdruck für die Produktionsanlagen vorhanden war. Gräfenhainichen wurde damit neben dem Kirchturm und den beiden Stadttürmen um ein Wahrzeichen reicher. Erst 1927 entstand mit dem Bau des Wasserturms ein weiteres sichtbares Objekt in der Heidestadt.
Die "Klönne", so wird sie kurz von den Technikern bezeichnet, ist im Jahr 1938 auf Veranlassung von Georg Bilkenroth (1898 bis 1982) zum Braunkohlenwerk Deutzen umgesetzt worden. Dort steht sie noch heute als technisches Denkmal. Die Kosten der Sanierung bereiten den Denkmalschützern aber große Sorgen. Auf der Bahnstrecke Leipzig-Altenburg kann man vom Zug aus diesen besonderen Zeitzeugen sehen.
Fast 600 derartige Wasserbehälter hat die Firma August Klönne in den fünf Erdteilen gebaut. Die Referenzliste lässt den Behälter für Bahnhöfe, Wasserwerke sowie Industrie- und Wohnkomplexe erkennen. Am Rande der Stadt New York wird teilweise dieses Versorgungssystem seit Anfang des vorigen Jahrhunderts bis heute genutzt. Allerdings wurde schrittweise von der Kugelform zur Kastenform der Behälter (Quader) übergegangen. In Peking sind erst vor einigen Jahren Klönnekugeln zurückgebaut und verschrottet worden.
In Gräfenhainichen erforschen Siegmar Mohs und Schacher die Historie dieser fast schon vergessener Wassertechnik. Auch Klaus Rücker aus Altenburg und Heinz Feiner aus Borna beschäftigen sich bereits seit längerer Zeit mit der Aufarbeitung und der Darstellung der industriellen Entwicklung. Sie kümmern sich ebenfalls um die Erhaltung und Pflege von Zeugen der industriellen Vergangenheit. Dazu zählt auch die "Klönne".