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Geheimnisse unter Erde, Stahl und Beton

Von Karina Blüthgen 17.07.2005, 15:42

Kossa/MZ. - Zum Familienwochenende strömten Scharen von Neugierigen in das einst gut gehütete Geheimnis mitten in der Dübener Heide. Allein am Sonnabend wurden über 190 Personen gezählt. "Das ist ein Stück Zeitgeschichte, und außerdem ist es ein sehr schönes Gelände hier", bekundete Jörg Vorpahl sein Interesse an der Anlage. Gemeinsam mit Ehefrau Hanne und 15 weiteren Personen aus Leipzig hatten sie sich auf den Weg gemacht. Ursprünglich, erzählte Hanne Vorpahl, kommen beide aus der Nähe von München.

Vier Gruppen machten sich kurz nach 13 Uhr gleichzeitig auf den Weg zu den gut zweistündigen Führungen durch je zwei Bunker. Von den Pilzen am Wegesrand wechselte das Interesse jedoch schnell zu einem unscheinbaren Eingang, einer Trabi-Garage nicht unähnlich. Hinter drei Schleusen standen rund 15 Neugierige dann in einem der vier Führungsbunker, ausgelegt für bis zu 75 Personen. Hier wäre im Ernstfall ein Stab eingezogen, um die Landesverteidigung zu koordinieren.

Auf den Tischen Karten mit Einsatzplänen, zuweilen wie von Geisterhand klingelnde Telefone, dazu tackernde Fernschreiber ließen ein unheimliches Gefühl aufkommen. "Das rote Telefon ging nicht nach Moskau, wie immer behauptet wird, sondern zum Nationalen Verteidigungsrat", erläuterte Rainer Dorn, Marketing-Chef des betreuenden Vereins "Eurocenter Sächsische Militärgeschichte" Details des "Innenlebens". Vom Testbild des DDR-Fernsehens bis zu den funktionierenden Kameras, die die Räume innerhalb des Bunkers sowie die Bunker untereinander verbinden, dazu im Nachrichtenbunker Zeitschlösser vor Kodier- und Dekodierräumen - das alles erinnert unheimlich an Paranoia.

"Erst als die Bundeswehr die Anlage übernommen hat, hat man gesehen, was sich konkret hier unter der Erde verbarg", erzählte Dorn. Den Erdaushub selbst hatte der "Klassenfeind" zwar beobachten können, dort jedoch eine funktechnische Reserve vermutet. "Geheime Anlagen sind schon reizvoll", meinte Doris Ernst aus Wolfenbüttel nach dem Rundgang. Gemeinsam mit ihrem Begleiter Martin Roller verbringe sie eine Woche in Bad Düben, bei einer Fahrradtour hatten sie sich kurzfristig zu einem Besuch entschlossen. Anfang Oktober, zum Funkertreffen, soll eine der riesigen unterirdischen Antennen erstmals senden. Das, so Dorn, hätte man zu DDR-Zeiten wohlweislich vermieden. "Denn dann wäre die Anlage entdeckt und ihre Bedeutung bekannt gewesen."