1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Wittenberg
  6. >
  7. Forst weiter in Gefahr: Forst weiter in Gefahr: Furcht vor Waldsterben lebt wieder auf

Forst weiter in Gefahr Forst weiter in Gefahr: Furcht vor Waldsterben lebt wieder auf

Von Ute Otto 24.10.2015, 14:26
Ein Waldstück zwischen Kemberg und Gommlo. Hier wurde mit Laubbäumen aufgeforstet.
Ein Waldstück zwischen Kemberg und Gommlo. Hier wurde mit Laubbäumen aufgeforstet. thomas klitzsch Lizenz

Wittenberg - „Am Schicksal der Bäume scheidet sich auch das Schicksal der Menschen.“ Friedrich Schorlemmer, Pfarrer in Rente und seit kurzem Ehrenbürger von Wittenberg, lässt den Satz wieder aufleben, der sich in den Niederschriften des Kirchlichen Forschungsheims Wittenberg aus dem Jahr 1987 findet. Damals ging das Gespenst des großen Waldsterbens um. Immerhin führte die Diskussion darüber seinerzeit zu einem neuen Bewusstsein bezüglich des Ausstoßes von Schwefel- und Stickoxiden.

500.000 Hektar Fläche in Sachsen-Anhalt sind bewaldet (25 Prozent). Es gibt einen Landesforstbetrieb mit fünf Standorten für den Landeswald und zehn dem Landeszentrum Wald unterstellte Betreuungsforstämter, die zuständig für Privatwald sind. Ein Revierförster ist im Schnitt für 3000 Hektar zuständig. „Das ist zu viel, um Waldbesitzer, die keine Forstexperten sind, eingehend zu beraten“, so Siegfried Jahn.

Windräder im Wald schließt der Gesetzesentwurf bereits aus.

Auch wenn die Luft sauberer geworden ist, sieht Schorlemmer den Wald in Deutschland weiter in Gefahr. Eine Missachtung von dessen Grundfunktionen als Wasserspeicher und Sauerstoffspender, als Lebensraum für Pflanzen und Tiere und als „Ort des Schaffens und der Erholung für den Menschen“ zugunsten wirtschaftlicher Interessen ist es, die ihm Sorgen macht.

Und nicht nur ihm: Auch der pensionierte Forstmann Siegfried Jahn, um den sich die Bürgerinitiative „Pro Wald“ schart, spricht von Übernutzung. Die sich nicht nur darin äußere, dass deutlich mehr Holz entnommen wird, als es die schon Ende des 18. Jahrhunderts formulierte und dann auch praktizierte forstliche Nachhaltigkeit erlaube. Sondern auch in der Zerstörung des Waldes durch schwere Technik, die den Boden so verdichte, dass er weniger Wasser und Kohlendioxid aufnehmen könne, die immer breitere Trassen erfordere, bis hin zur Schotterung von Waldwegen. Neben Spazierpfaden für den Erholungssuchenden verschwindet damit Lebensraum z. B. für den Bergmolch, wie die Naturschützer Jürgen Berg (Nabu) und Marcel Seyring (BUND) bestätigen. In einem Pressegespräch, moderiert von Siegrun Höhne, Beauftragte für den kirchlichen Dienst auf dem Land, formulieren sie ihre Forderungen an das neue Landeswaldgesetz:

Die Rückkehr zum Einheitsforstamt für alle Eigentumsarten und kleinere Forstreviere (maximal 1500 Hektar). Und die Revierförster müssten mit Befugnissen zu Kontrolle und Sanktionen ausgestattet sein: „Wenn ich früher jemanden im Wald erwischt habe, der Müll abgeworfen hat, konnte ich gleich einen Strafzettel ausstellen“, so der Forstingenieur Berg.

Die Forstliche Einrichtung - das ist das nachhaltige Waldbewirtschaftungskonzept - sollte für alle Besitzer verbindlich werden. Dafür seien Förderanreize zu schaffen.

Forstbaumschulen zur Versorgung mit standortgewohnten Arten sollten wiederbelebt werden, dazu gehöre auch die Kiefer: „Sie kommt nun mal am besten mit unseren Standorten zurecht“, so Jahn.

Das neue Gesetz soll den Anforderungen an Arten- und Bodenschutz genügen und dementsprechend schonende Bewirtschaftung fördern. Es sollte, so Seyring, ein gewisser Anteil an Alt- und Totholz festgeschrieben werden. Der BUND-Mann kritisiert, dass im Entwurf Kahlschläge - die zur Waldwirtschaft gehören, wenn ein ganzer Bestand erntereif ist (Kiefer 120 Jahre, Buche 160 Jahre), und auch Funktion für den Artenschutz haben - nur noch anzeigepflichtig und nicht mehr genehmigungspflichtig sein sollen. Die BI „Pro Wald“ fordert dann zudem umgehende Wiederaufforstung (bisher drei Jahre Frist). (mz)