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Existenzgründung Wittenberg Existenzgründung Wittenberg: Wie Ina Langhammer mit Socken in eine neue Zukunft startet

Von Irina Steinmann 13.05.2016, 09:04
Reformation an den Füßen. Ina Langhammer präsentiert die Luthersocke(n), ein seit mehr als 20 Jahren beliebtes Mitbringsel aus der Lutherstadt. Geht’s nach Langhammer, gibt es bald ein neues Modell.
Reformation an den Füßen. Ina Langhammer präsentiert die Luthersocke(n), ein seit mehr als 20 Jahren beliebtes Mitbringsel aus der Lutherstadt. Geht’s nach Langhammer, gibt es bald ein neues Modell. Alexander Baumbach

Wittenberg - Hier steht sie nun, sie könnte wahrscheinlich auch anders, aber da ist diese Hoffnung, dass die Angelegenheit eines Tages mehr als ein zweites Standbein sein wird. Vor knapp einem halben Jahr, am 1. Dezember 2015, hat Ina Langhammer den Laden bezogen, direkt neben dem „Irish Harp Pub“ bietet sie nun feil, was jeder braucht: Socken. Oder mancher haben will: Luthersocken. Hier liegen sie nun, sie könnten auch woanders liegen und tun das auch, etwa in der Touristen-Info, doch nur hier, sagt Ina Langhammer, gibt es sie in gleich sechs Farbkombinationen - und von Größe 35 bis 50, also auch die Ausnahmen an den Rändern des menschlichen Standards.

Erst Fleisch, dann Tiefkühlkost

„Wenn ich was mache, dann mache ich das richtig“, sagt Ina Langhammer, gelernte Verkäuferin (erst Fleischer, dann Bäcker) und hauptberuflich beim „Eismann“, früher dort auf dem Bock, tatsächlich, heute im Innendienst, seit 15 Jahren. „Das ist mein Fundament“, sagt sie über den Handel mit Tiefgefrorenem. Irgendwann hat sie sich dann auf die Socken gemacht (es ist erstaunlich, wie viele Redewendungen es mit „Socke“ gibt...).

Zunächst im Internet - wo es nach wie vor ihren Shop gibt - schließlich hier, in der Wittenberger Altstadt, wo es an leeren Läden bekanntlich nicht mangelt. Manche, sagt Langhammer zu ihrem Übergang vom Virtuellen ins Reale, wollen Sachen eben gerne auspacken und anfassen, bevor sie zugreifen. Das darf man hier.

Die neue Luthersocke ist derzeit Gegenstand von Verhandlungen zwischen Ina Langhammer und der Stadt Wittenberg. Die Lutherstadt firmiert seit 2014 unter einem stilisierten Lutherkopf, dessen „Gesicht“ frei ist. Auch nachgeordnete Stellen wie etwa die Marketinggesellschaft oder die Touristen-Information nutzen dieses Logo - mit je eigenen Farben: Die Stadt selbst ist tannengrün, die Touristiker haben himmelblau im Kopf. Von manchen Einheimischen bei Einführung flugs als „gesichtslos“ geschmäht, wurde das Logo vor kurzem mit einem renommierten Design-Preis ausgezeichnet. Für eine Nutzung des Logos ist eine Erlaubnis seitens der Stadt erforderlich, es kann dann etwa auch für kommerzielle Zwecke eingesetzt werden. Ina Langhammer will es auf Socken sehen. (mz/irs)

Ina Langhammer, in Schweinitz geboren und heute in Straach zu Hause, verhehlt nicht, dass sie ein Zusatzeinkommen braucht: „Ich muss Geld erwirtschaften, um meine Gesundheit zu erhalten“, umschreibt sie den Umstand, dass sie krank ist und die Krankenkasse nicht so will wie sie. Vielleicht ist sie deshalb auf die Idee gekommen, mit ihrer eigenen Geschäftstätigkeit auch andere zu unterstützen: Kunden können Wechselgeld fürs geplante Hospiz spenden oder auch für einen Verein ihrer - der Kunden - Wahl.

Die Tür geht, nein, sie geht nicht auf, der Sommer ist ja da, die Tür steht schon offen, und zwei ältere Damen betreten den Laden. Füßlinge möchte sie haben (keine Blasen im Sommer!), doch die Auswahl verwirrt sie ein wenig. Ganz dünne? Mit Baumwolle? Nur Baumwolle? Die oder die - oder doch die? Langhammer lacht freundlich. „Ich bin doch ein Fachgeschäft!“ Man wird sich handelseinig. Kleingeld klimpert in die Hospiz-Büchse.

600 bis 800 Artikel - das heißt zwar nicht eben soviele Modelle, weil Größen, Farben, Varianten mitgezählt werden, ist aber trotzdem ziemlich beeindruckend - hat sie im Angebot. Auch Yoga-Socken, mit und ohne Zehen, oho, Reitsocken, Socken für Allergiker, für Herren mit großen Füßen, und groß heißt hier wirklich groß: 58.

Da kämen manchmal „Anfragen, das hätte ich früher nicht geglaubt“ - Zehensocken für ein körperbehindertes Mädchen, Stützstrümpfe für eine ganz kleine Dame - sie konnte helfen. „Ich bin ja ein Fachgeschäft.“ Manchmal muss sie trotzdem passen: Ja, es gibt Herren, die kaufen sich buntgeringelte Socken! Hat sie natürlich, aber doch nicht in dieser Größe! In 14 Tagen kommt der Kunde wieder, dann will sie ihm das Gewünschte präsentieren.

Da ist noch mehr drin

Überhaupt: „Man könnte noch viel mehr in die Tiefe gehen“, findet Ina Langhammer, die angesichts dessen, was sie hier schon hat, offenbar selbst noch lange nicht von den Socken ist. Nehmen wir zum Beispiel die Luthersocke: Das alte Modell, das sie jetzt in der Auslage hat, gibt’s seit mehr als 20 Jahren. Da ist’s jetzt doch mal Zeit für eine neue, oder? Ina Langhammer arbeitet dran. Sie kann nicht anders. Die Reformation ist eine Socke. (mz)