Ex-Asylbewerberheim Möhlau Ex-Asylbewerberheim Möhlau: Deal verhindert Millionenklage

Möhlau/MZ - Im Streit um das Ex-Asylbewerberheim Möhlau wird offensichtlich ein Schlussstrich gezogen. „Ich nehme den Vergleich an“, sagte gestern Immobilieneigentümer Karl Wiesemann auf MZ-Anfrage. Allerdings wolle er sich vorher noch einmal vom Landrat Jürgen Dannenberg (Linke) das Angebot bestätigen lassen.
Da sind allerdings Überraschungen ausgeschlossen. Schließlich haben sich die Mitglieder des Kreistages in einer mehrstündigen Sitzung hinter verschlossenen Türen am Montag auf die Eckdaten verständigt. Dabei präsentierte der Verwaltungschef das Ergebnis seiner neuesten Verhandlungen. So sind jetzt „nur noch“ 199?000 Euro fällig. Allerdings gibt es zum vermeintlichen Schnäppchen weitere Zugeständnisse. So wird auf die Begleichung der Rechnung von 71?000 Euro für die Entrümpelung des Möhlauer Areals nun definitiv verzichtet. Und der einstige Betreiber des Asylheims muss auch nicht die Nutzungsentgelte für den Zeitraum von März 2012 bis Dezember 2012 zahlen. Das Landgericht Dessau hatte in einem Mehrparteienstreit dafür 90?000 Euro festgesetzt. Mit diesen Zugeständnissen zulasten der Steuerzahler verhindert der Kreis zumindest einen langwierigen Rechtsstreit. Der teure Deal ist aber selbst unter Kreistagsmitgliedern heftig umstritten.
Ausländerwohnheime werden meist von privaten Firmen im Auftrag der Kommunen betrieben. Im konkreten Fall von Zeitz ist die KVW-Beherbergungsbetrieb GmbH Eigentümerin der Immobilie. Der Landkreis, der für die Unterbringung der Asylbewerber zuständig ist, hat das Gebäude gemietet. Den laufenden Betrieb hat der Burgenlandkreis wiederum an eine Betreibergesellschaft gegeben, die letztlich auch im Besitz der KVW von Karl Wiesemann ist. Der Landkreis zahlt an die eine Gesellschaft monatlich 12 000 Euro Miete und an die andere 9 000 Euro für den laufenden Betrieb.
Wiesemann hatte ein Mahnverfahren in Höhe von 2,5 Millionen Euro einleiten lassen. Er warf der Verwaltung vor, das Objekt über Jahre vernachlässigt zu haben. Eine Übergabe des Grundstücks nach dem Umzug der Flüchtlinge nach Vockerode Ende des vergangenen Jahres habe es nicht gegeben, so der Mann aus Hessen. Dies sei aber vertraglich geregelt gewesen.
Dabei waren die Probleme seit Jahren der Verwaltung in Wittenberg bestens bekannt. Gehandelt im Interesse der Asylbewerber wurde aber nicht. Der ehemalige Landratsamts-Vize Klaus Hajek (SPD) zeigte sich nach der vom Landesverwaltungsamt angeordneten Schließung der Gemeinschaftsunterkünfte in Möhlau sogar erleichtert. Er sei froh, plauderte er in einer Runde mit Kommunalpolitikern in Oranienbaum, dass nicht TV-Kameras „die Zustände“ im Heim dokumentierten. Das verwundert nicht. Journalisten sind vor Ort unerwünscht. Hajeks Mitarbeiter untersagten bereits im September 2012 der MZ das Betreten des Objektes oder gar das Fotografieren.
Der damalige Sprecher der Bewohner, Salomon Wantchoucou, zählte Möhlau „zu den schlimmsten Einrichtungen in Deutschland“. „Hier wurde seit 20 Jahren nichts mehr investiert oder renoviert“, so Wantchoucou.
Tatsächlich wird 1992 - die Politik setzt noch auf zentrale Unterbringung der Asylbewerber - Möhlau zum Vorzeigeobjekt. Damals ist das Heim ein Dorf im Dorf: mit eigenem Verkaufsladen, Kinosaal, einer Arztstelle und Kinderbetreuung. Daran erinnert 2012 kaum noch etwas.