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Möhlau Möhlau: Kostenfalle Asylbewerberheim

20.08.2013, 20:36

Möhlau/MZ - Das Ex-Asylbewerberheim Möhlau beschäftigt die Justiz. Das Amtsgericht in Fritzlar hat am Dienstagvormittag ein neues Verfahren eröffnet. Ein Unternehmer aus der Region klagt erbrachte Leistungen in den Gemeinschaftsunterkünften ein. Die Arbeit, so argumentiert zumindest der Firmenchef, wurde bisher nur zum Teil bezahlt. „Die Rechnung war überteuert“, hält Karl Wiesemann, der Eigentümer der Möhlauer Immobilie, dagegen.

Die Verhandlung um die Differenz von 1 000 Euro dauert gerade mal zehn Minuten und schon waren die Argumente der beiden Seiten ausgetauscht. „Die Anwälte erhalten am Nachmittag das Urteil“, heißt es offiziell vom Amtsgericht auf MZ-Anfrage. So schnell sind aber auch die Richter in Hessen offensichtlich nicht. Frühestens in einer Woche rechne er mit der Zustellung, erklärt Matthias Latzel, der „in Untervollmacht“ die Interessen des hiesigen Firmenchefs vertritt. Mehr will der Jurist aber nicht sagen. Er fühle sich an „die Schweigepflicht“ gegenüber seinem Mandanten gebunden. Der Kontrahent ist da deutlich gesprächiger. „Die Klage wird abgewiesen“, ist sich Wiesenmann sicher.

Und am Abend geht es auch in Wittenberg irgendwie um die Sanierung des Objektes. Der Kreis hat laut Wiesemann die Einrichtung nicht wie vertraglich vereinbart ordentlich übergeben. Die Verwaltung hat einen Mahnbescheid von 2,6 Millionen Euro erhalten. Schon diese Summe ist erschreckend: Sie lässt den Verdacht zu, dass der Kreis Kontrollpflichten, aber auch seine Fürsorgepflicht für Flüchtlinge über Jahre grob verletzt hat. Doch die Verantwortlichen reagieren zunächst kämpferisch und wollen keinen Cent bezahlen. Inzwischen soll mit einem Vergleich der Mantel des Schweigens über eine peinliche Angelegenheit gehüllt werden. Jetzt will die Verwaltung offensichtlich doch zahlen: 300 000 Euro. Darüber hinaus soll der Kreis auch auf Nutzungsentgelte in Höhe von 90 000 Euro verzichten. Das Landgericht Dessau hatte diese Summe im April dem Kreis zugesprochen. Das Urteil ist aber noch nicht rechtskräftig. Wiesemann hat Berufung eingelegt.

Mit einem Vergleich kann nicht nur die Verhandlung am Oberlandesgericht, sondern vor allem eine weitere am Landgericht Dessau - es droht eben hier eine Klage in Höhe von 2,6 Millionen Euro - verhindert werden. Die Entscheidung fällt in einer „im Jahresplan nicht vorgesehenen Sitzung des Kreistages“, so formuliert es der Vorsitzende Otto Klempert (CDU). Das Votum ist am 28. August im Tagesordnungspunkt zehn vorgesehen: Rechtsangelegenheiten, wird die heikle Angelegenheit amtlich umschrieben.

Noch halten die Volksvertreter, die schon jetzt offensichtlich in der Kostenfalle Asylbewerberheim stecken, still. Die Frage nach den Verantwortlichen für das drohende finanzielle Debakel zulasten der Steuerzahler hat bisher niemand gestellt. Doch über die Verwendung von Steuergeldern sind Politik und Verwaltung rechenschaftspflichtig. Zumindest dieser Punkt ist unstrittig.