Evangelische Akademie Wittenberg Evangelische Akademie Wittenberg: Wie gehabt: interessant und vielfältig

Wittenberg - Es war ein gleichermaßen denkwürdiger wie unterhaltsamer Abend, als im Malsaal der Cranach-Stiftung Wittenberg der Kabarettist Uwe Steimle und der Theologe Friedrich Schorlemmer zusammen trafen. Vier Jahre ist das her; gesprochen haben sie über Gott, die Welt und den Teufel, und Steimle fiel mit interessanten Sätzen wie diesem auf: „Gott macht doch den Teufel, ohne ihn gäbe es den Teufel nicht.“
2015 gibt es ein Wiedersehen und -hören mit den beiden Männern: Der eine (Schorlemmer) setzt in der Evangelischen Akademie Sachsen-Anhalt in Wittenberg die einst von ihm begründete und überaus erfolgreiche Reihe „Lebenswege“ fort. Der andere (Steimle) hält eine Kanzelrede in Wittenbergs Stadtkirche über das Epitaph „Der Weinberg des Herrn“ von Lucas Cranach dem Jüngeren. Ein polemisches Bild, wie Akademiedirektor Friedrich Kramer betont, als er am Dienstag dieser Woche das Programm für das erste Halbjahr 2015 vorstellt. Dazu gehören auch die Kanzelreden-Gottesdienste: Sie sind eine Kooperation zwischen Stadtkirchengemeinde, Cranach-Stiftung, Predigtzentrum sowie Akademie und 2015 anlässlich des Cranach-Jahres dem Malersohn gewidmet.
Für die Entwicklung ihrer Programme braucht die Evangelische Akademie in Wittenberg mitunter einen Vorlauf von anderthalb Jahren. Auch am kommenden Halbjahresprogramm haben sie intensiv gefeilt. Das Ergebnis besticht durch Vielfalt und anspruchsvolle Angebote in Themenbereichen wie u. a. Politik, Kultur, Soziales, Religion und Wirtschaft.
Auch um den Nachwuchs kümmert man sich, spannende Projekte entwickelt in dieser Hinsicht die Junge Akademie. Zu den neuen Angeboten dort gehört „Minecraft-Traum-Stadt“. Minecraft ist das meistverkaufte Computerspiel. Wie bei Lego - nur virtuell - können Kinder und Jugendliche mit Klötzen bauen und dabei miteinander ins Gespräch kommen, auch zu Themen wie Umwelt- und Stadtentwicklungsfragen.
Vom 28. bis 31. Mai 2015 lädt Akademiestudienleiter Tobias Thiel Kinder, Jugendliche und Erwachsene ein, Computerspiele auszuprobieren und mit Medienpädagogen Konzepte für deren Anwendung in der Bildung kennenzulernen und weiterzuentwickeln. Das vollständige Programm für Januar bis August 2015 im Netz:www.ev-akademie-wittenberg.de
Die erste Veranstaltung 2015 richtet am 13. Januar Alf Christophersen aus. In seiner Reihe „Sternstunden der Theologie“ befasst er sich mit dem Kirchenlehrer Augustinus. Politisch wird es bei einer Tagung, zu der Lydia Schubert und Curt Stauss vom 16. bis 17. Januar einladen. Unter der Überschrift „Zwischen den Zeilen“ soll es um die Stasi in der Literatur und die Stasi als Literatur gehen. „Nur wer genau auf die Worte achtet, der beginnt auch zu lesen, was zwischen den Zeilen steht“, heißt es in der Einladung zur Tagung.
Anlässlich des Völkermordes an den Armeniern, der 2015 genau 100 Jahre zurückliegt, wolle man das russisch-armenische Verhältnis und die „geopolitischen Schnittstellen“ (Kramer) von heute untersuchen. Und bei ConAct, dem Koordinierungszentrum für deutsch-israelischen Jugendaustausch, das in Trägerschaft der Akademie arbeitet, soll auf 50 Jahre deutsch-israelische Beziehungen geschaut werden. Neben theologischen und politischen Offerten gibt es erneut interessante Angebote etwa im (medizin-)ethischen Bereich, wenn bei einem Magdeburger „Spiegelsaalgespräch“ über den Umgang mit dem Wunsch nach Suizidhilfe diskutiert wird. Auf die Frage, welche Position die Evangelische Akademie dazu vertritt, sagt Kramer: „Sie reicht von klarer Ablehnung bis hin zum Verständnis.“ Und er mahnt zugleich, bei diesem Thema „vorsichtig zu bleiben“.
Fortgesetzt werden sollen auch künftig Kooperationen etwa mit der Evangelischen Landeskirche Anhalts. Die Reihe „Talk am Turm“ geht weiter und vieles mehr. Bei einem neuen Format arbeitet die Akademie u. a. mit der Universität Jena zusammen. Und auch die Jugend bekommt wieder Raum bei den Veranstaltungen der Kinder- und der Jungen Akademie (siehe dazu „Sie bauen sich ihre Traumstadt“. Was nun den „Rückkehrer“ Schorlemmer betrifft, so wird er bei einem Lebenswege-Abend den Schriftsteller und Verleger Gerhard Wolf begrüßen. Und in der Reihe „Luther im Gespräch“ bringt er gemeinsam mit dem Schriftsteller Friedrich Dieckmann den Reformator mit seinem Antipoden Thomas Müntzer in einen Dialog.
Die Liste der Veranstaltungen ließe sich noch lange fortsetzen, so vielfältig und zahlreich sind diese. Anders, als dies früher bisweilen der Fall war, gibt es für das Programm von Januar bis August 2015 übrigens kein Oberthema. Es sei zu differenziert und seine Entwicklung „ein kompliziertes Verfahren“, was auch damit zu tun hat, dass die Programme vom gesamten Kollegium gemeinsam verantwortet werden. Positiv daran ist dies: „Es gibt immer verschiedene Blickrichtungen auf die Dinge. Das ist eine Bereicherung“, so Kramer. (mz)