Erntedank in der Schlosskirche: Erntedank in der Schlosskirche: Die Beste Erntekrone kommt aus Ragösen und Krakau

Wittenberg/Ragösen - Die schönste Erntekrone Sachsen-Anhalts 2018 steht in der Schlosskirche von Wittenberg. Gebunden haben sie Mitglieder des Kultur- und Heimatvereins Ragösen/Krakau, dort beteiligt man sich seit vielen Jahren an den Wettbewerben des Landfrauenverbandes in Magdeburg. Erfolgsverwöhnt sind sie auch, denn es ist nicht das erste Mal, dass sie den Sieg eingefahren haben.

In diesem Jahr sind sie zusätzlich erneut Publikumsliebling. Muss man dafür besonders sympathisch sein? Inge Friedrich, Veronika Pohl, Annett Kapp, Marianne Balthasar und Hans-Dieter Würzberger verneinen das lachend beim Ortstermin am Dienstag: „Die kennen uns doch gar nicht“, sagen sie. Es gehe auch in dieser Kategorie um die Krone.

Und die ist wirklich schön, auch wenn der äußere Schein zumindest in einem Punkt trügt: Die duftigen Gerstengrannen wirken nur weich und puschelig. Tatsächlich fühlen sie sich eher wie, sagen wir einmal, Wildschweinborsten an.

Gerste ist eine von fünf Getreidesorten, die in einer Erntekrone verarbeitet werden müssen, sonst braucht man wahrscheinlich beim Wettbewerb gar nicht erst anzutreten. Zu den weiteren Kriterien in der Bewertung gehört unter anderem die Festigkeit des Bindens, sagt Würzberger.

Beim Erntedankfest ist der Name Programm. Dazu werden auch Feldfrüchte, Obst oder Getreide in die Kirchen gebracht. In Ragösen soll am 6. Oktober auf dem Freigelände der Gaststätte „Rosenhof“ Erntedank gefeiert werden, einen Tag später im Gottesdienst in der Dorfkirche. Auch in Wittenbergs Schlosskirche, wo sie erneut eine Erntekrone aus Ragösen haben, wird am Sonntag ein Erntedank-Gottesdienst gefeiert. Und ebenfalls um 10 Uhr beginnt der Erntedank-Gottesdienst in der Stadtkirche. Dort wird zudem Frank Koine in sein Amt als Jugendpastor im Kirchenkreis eingeführt. Koine kommt aus Kenia, seit dem 10. August ist er mit Frau und Töchtern in Wittenberg. Sie kommen aus einer großen evangelischen Kirche in Nairobi, wo Koine als Musikpastor und Musikproduzent tätig war. Zu seinen Aufgaben hier wird den Angaben zufolge das zweisprachige Musikprojekt „Modern Gospel“ gehören. Ermöglicht werde Koines Anstellung durch einen missionarischen Fonds bei der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland. Unter dem Motto „Erprobungsräume“ sollen neue missionarische Projekte gefördert werden. Ebenfalls am 7. Oktober lädt der Gemeindekirchenrat der Stadtkirchengemeinde zur Versammlung. Auch dort soll über das Kenia-Projekt informiert werden.

Und gebunden werden muss viel, zunächst einmal: Sträußchen. Etwa 1000 Sträuße aus Getreide stecken Würzberger zufolge in ihrer preisgekrönten 2018er Erntekrone, verteilt auf reichlich 50 Reihen an einem der vier Gerüstarme. Sechs Wochen haben zehn der 26 Mitglieder des Kultur- und Heimatvereins Ragösen/Krakau an ihrem Wunderwerk gearbeitet - jeweils an zwei Tagen und dann mindestens zwei Stunden. Allein zehn Stunden hat Würzberger gebraucht, um zunächst das Getreide zu schneiden. Trocken war es ja in diesem Jahr mit seinem heißen Sommer.

In der Höhe misst die Erntekrone, deren Gerüst aus dünnem Kupferrohr bestehe, 75 Zentimeter. Sie bringt gut 50 Kilogramm auf die Waage. Bestünde sie nur aus Getreide, wäre sie wohl ein wenig langweilig. Tatsächlich haben die Frauen und Würzberger auch Statice verarbeitet. Die wächst oft in der Nähe zum Meer, weshalb sie auch Strandflieder genannt wird.

Aber sie kommt augenscheinlich auch prima ohne Seeklima aus, jedenfalls gedeiht die Statice in Ragösen. Ihre Blüten sind im Kranz der Erntekrone verarbeitet worden und zur Zierde gereichen auch vier Schleifen, handbestickt, deren Motive die Jahreszeiten abbilden.

Bereits zum dritten Mal ist eine Erntekrone aus Ragösen in der Schlosskirche Wittenberg. In ihrer eigenen Kirche müssen sie aber auf eine angemessene Dekoration zum Erntedankfest am Sonntag nicht verzichten: Dort hängt die Erntekrone, mit der sie 2017 nach Magdeburg gefahren sind.

Damals hatten sie - schließlich befand man sich im Jahr des Reformationsjubiläums - Lutherrosen eingearbeitet. Das sah auch hübsch aus, wurde aber von der Jury nicht goutiert. „Thema verfehlt“, habe es zur Begründung geheißen, es gab Platz vier. Na und?! Jetzt sind sie zum vierten Mal Landesmeister geworden.

(mz)