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Else-Hertzer-Ausstellung Else-Hertzer-Ausstellung: Auf die Kuh gekommen

Von Karina Blüthgen 19.05.2017, 19:21
Die Malerin Else Hertzer hatte offenbar eine Schwäche für Kühe. In allen Variationen wecken die das Interesse der Besucher im Café Vlora.
Die Malerin Else Hertzer hatte offenbar eine Schwäche für Kühe. In allen Variationen wecken die das Interesse der Besucher im Café Vlora. Klitzsch

Wittenberg - Es gibt sie schwarz-weiß und in Farbe, als Radierung, Holzschnitt oder Aquarell. Mal fast kindlich naiv, mal expressionistisch warten die Kühe seit Mittwoch im Wittenberger Café Vlora auf ihr Publikum. Was eigentlich ein „Kuh“-riosum ist, denn das Café in der Pfaffengasse hat ausschließlich vegane Kost im Angebot.

„Einen besseren Zeitpunkt für solch einen Abend gibt es kaum“, findet der Berliner Journalist und Sachbuchautor Mathias Tietke bei seiner Einführung in das Thema. Das lautet bezeichnenderweise „Luther und die Kühe“, weil sich nun mal in diesem Jahr alles um Luther dreht.

Doch in der großen Schau „Luther und die Avantgarde“ habe man die Wittenberger Künstlerin nicht haben wollen, hat Tietke bei seiner Nachfrage erfahren müssen. Und gestaltete also eine eigene avantgardistische Ausstellung.

Die glänzt mit Werken wie „Zwei Bauern mit Sonne“, „Kuh im Profil“ oder auch „Strickende Frau mit Kuh“. Etwa 30 Gäste bei der Eröffnung, in der Mehrzahl Wittenberger, schauen erstaunt und interessiert. „Ich wusste gar nicht, dass sie so unterschiedliche Stile hatte“, meint Günter Haberland anerkennend.

Else Hertzer wurde 1884 in Wittenberg als Else Heintze geboren. 1909 verließ sie mit ihrem Mann Otto Hertzer die Stadt, blieb Wittenberg aber immer verbunden. Sie schuf 210 Öl- und Temperabilder, 310 Aquarelle sowie zahlreiche Zeichnungen, Holzschnitte und Radierungen. Die Künstlerin starb im Februar 1978 in Berlin. 

Beate Kohly hatte sich am Vortag bereits einen Vortrag von Tietke über die Malerin angehört. Ihr Favorit der Schau? „Ich bin noch nicht ganz herum, aber das hier finde ich sehr schön“, zeigt sie auf „Zwei Bauern mit Kuh“.

Als Kurator hat Tietke mit Besitzern von Hertzer-Bildern Kontakt aufgenommen. Einer der Leihgeber ist Nicolai Dyroff aus Bensheim an der Bergstraße. Er habe viele Bilder von ihr in seinem Besitz, erzählt er. „Sie hat zu Lebzeiten nicht so viele verkaufen müssen.“ Etwa 80 Prozent der Bilder blieben so innerhalb der Familie, und da Else Hertzer keine Kinder hatte, gingen die Kunstwerke in weiter entfernte Verwandtschaftszweige.

„Otto Hertzer war der Großonkel meines Vaters“, beschreibt Dyroff die komplizierten Familienverhältnisse. Er selbst kann sich an Else Hertzer erinnern, „sie war jeden Sommer für 14 Tage bei uns“.

Entstanden sind die ausgestellten Bilder, sowohl Kühe wie auch Wittenberg-Motive, zumeist zwischen 1912 und 1927, das späteste stammt gar aus den 70er Jahren. Tietke dankt nicht nur den Leihgebern für ihre Unterstützung, sondern auch der Stadt Wittenberg und einer Papierrestauratorin. Und nicht zuletzt Jörg Dahms, der in seinem musikalischen Intro die Besucher zur Kuh hinführte - mit einem Kinderlied und Kuhglocken.

Was Luther mit den Kühen zu tun hat, wird Mathias Tietke bei der Eröffnung oft gefragt. Zum einen hat sich Else Hertzer sowohl mit berühmten Lutherstätten als auch mit Kühen befasst. Zum anderen hat sich der Reformator über Kühe geäußert. Zwei der Sätze hat Tietke der Ausstellung beigefügt. Auf dass niemand sagen kann, es wäre ein allzu konstruierter Zusammenhang. (mz)