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Eintritt für Wittenberger Schlosskirche? Eintritt für Wittenberger Schlosskirche?: Zwei Euro, bitte!

Von Marcel Duclaud 27.11.2019, 11:20
Wittenbergs Schlosskirche ist zweifellos ein Besuchermagnet - hier ein Bild aus dem Jahr 2017.
Wittenbergs Schlosskirche ist zweifellos ein Besuchermagnet - hier ein Bild aus dem Jahr 2017. Thomas Klitzsch

Wittenberg - Die Wittenberger Schlosskirche will Besucher künftig zur Kasse bitten. Das weithin bekannte Gotteshaus, in dem sich Martin Luthers Grab befindet, wird bereits ab dem 1. Dezember nicht mehr so einfach frei zugänglich sein, so wie es in der großen Mehrzahl der Kirchen üblich ist. Erhoben werden soll, wie am Dienstag bekannt gegeben wurde, ein Erhaltungsbeitrag in Höhe von zwei Euro.

Ausgenommen, das betont Sabine Kramer, Direktorin des Predigerseminars und Vorsitzende des Verwaltungsrates des Schlosskirchenensembles, sind Gäste von Gottesdiensten, von kirchlichen oder kulturellen Veranstaltungen. Die zwei Euro pro Person werden fällig für die Besichtigung „des kulturhistorischen Rundgangs im Besucherzentrum und der Schlosskirche“, sofern die nicht im Rahmen einer gebuchten Führung erfolgt.

Hohes Maß an Service

Begründet wird die Einführung der Gebühr, mit der die Schlosskirche nicht alleine ist - auch etwa der Berliner oder der Naumburger Dom kassieren Eintritt - mit den hohen Aufwendungen. Die Betriebskosten für das im Zuge der umfassenden Sanierung von Schloss und Schlosskirche eingerichtete Besucherzentrum steigen. Schließlich handele es sich um Weltkulturerbe, was eben ein hohes Maß an Servicequalität verlange.

Das Besucherzentrum ist an allen Tagen im Jahr geöffnet, zum Team gehören nach Angaben von Kustos Jörg Bielig, Geschäftsführer des Verwaltungsrates, neun Personen: Küster, Reinigungskräfte, Servicemitarbeiter. Bielig führt zudem die nach 2017 deutlich gesunkenen Besucherzahlen ins Feld. Wurden im Jahr des Reformationsjubiläums noch 430 000 Gäste im Schlosskirchenensemble gezählt, wird in diesem Jahr mit etwa 150 000 Besuchern gerechnet.

2017 gab es einen Überschuss, 2018 ein Defizit in der Kasse. Der Verwaltungsrat hofft durch die Gebühr auf zusätzliche Einnahmen in Höhe von 160 000 bis 200 000 Euro. Geld, das nicht allein zur Begleichung der Kosten des laufenden Betriebs eingesetzt werden soll, sondern auch in eine Rücklage fließt - zur Erhaltung der Substanz des Ensembles.

Die bisherigen Einnahmequellen - Spenden, Führungen und Souvenirverkauf - reichten nicht aus, heißt es. Auch die Evangelische Kirche in Deutschland stecke erhebliche Summen in das Besucherzentrum. Ein Problem in dem Fakt, Geld zu nehmen für den Besuch eines Gotteshauses, sieht Pfarrerin Sabine Kramer nicht. Sie hebt die „stark ausgeprägte touristische Funktion“ der Schlosskirche hervor. Dies erfordere Personal und dieses Personal müsse bezahlt werden.

Stadtkirche wartet ab

Sie glaubt auch nicht, dass der Erhaltungsbeitrag genannte Eintritt abschreckend wirken könnte: „Die zwei Euro sind ein geringer Betrag. Ich erlebe zudem öfter, dass ich gefragt werde, warum wir denn nichts kassieren.“ Dass bei Familien mit vielen Kindern die ein oder andere Ausnahme möglich sei, will sie nicht ausschließen. Geregelt sei das aber nicht: „Je mehr man regelt, um so mehr ist man daran gebunden.“

Sie sagt auch, dass nach einem Jahr Höhe und Sinn der Gebühr geprüft werden sollen. Unterdessen räumt Jörg Bielig, auch Vorsitzender des Gemeindekirchenrates der Stadtkirche, ein, dass es dort ähnliche Überlegungen gibt.

„Eine grundsätzliche Ablehnung“, formuliert er vorsichtig, bestehe nicht, allerdings sei schon allein aus baulichen Gründen die schnelle Einführung eines Eintritts in Martin Luthers Predigtkirche nicht möglich: „Wir schauen wohlwollend und abwartend auf die Erfahrungen der Schlosskirche.“

Für die zwei Euro können künftige Besucher übrigens nicht nur die weltberühmte Kirche besichtigen, sie erhalten im Gegenzug kostenfrei ein kleines Heftchen mit Informationen zur Geschichte des Gotteshauses, mit Zeittafel und Hinweisen zu Sehenswürdigkeiten - in deutscher und englischer Sprache. (mz)