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Lutherstädter steht vor einem großen Abenteuer Ein Wittenberger Trabi startet in San Marino

Bei der legendären Rallye Legend geht erstmals das Kultauto aus dem Osten an den Start. Benjamin Derda sitzt am Steuer und geht auf Bestzeitenjagd.

Von Jana Dürr 14.10.2022, 08:16
Der Wittenberg Benjamin Derda freut sich auf seinen Start in San Marino.
Der Wittenberg Benjamin Derda freut sich auf seinen Start in San Marino. Foto: Jana Dürr

WITTENBERG/MZ - Mit der Startnummer 126 auf seinem Trabant 601 P nimmt für den Wittenberger Benjamin Derda eine Vision Formen an, die als großes Familienprojekt an diesem Wochenende Realität werden soll. Das Abenteuer Rallye Legend San Marino, welche in diesem Jahr seit Donnerstag und noch bis Sonntag durchgeführt wird, begann nach den Worten von Benjamin Derda wie etliche große Geschichten. „Es war tatsächlich eine reine Schnapsidee!“, erinnert er sich.

Fotos für den Veranstalter

Sein Co-Pilot bei diesem Projekt, Tino Krajewski aus Jahnsdorf im Erzgebirge und selbst im Trabant ein erfahrener Rallyesportler, kam vor zwei Jahren als begeisterter Zuschauer von der Rallye Legend zurück und bei einer Vereinsfeier inklusive besagtem Schnaps wurde 2020 die Idee geboren, selbst starten zu wollen. Im folgenden Jahr war die Geschichte den Abenteurern aufgrund der Pandemie zwar noch zu heikel, aber gegen Ende 2021 konnte sie nichts mehr aufhalten. Sie schrieben den Veranstalter an, um kund zu tun, dass sie bei dieser legendären Rallye starten möchten, sendeten Fotos vom Fahrzeug zu den Organisatoren und bekamen im Dezember die Zusage, sich um einen Platz in der Nennliste bewerben zu dürfen.

Von nun an wurde in jeder freien Minute geschraubt, Teile wurden ausgebaut, gewartet, gepflegt, geputzt, getauscht und wieder eingebaut. Die kleine blaue Rennpappe bekam mit der großartigen Unterstützung von Werkstattinhaber Thomas Köppe und fleißigen Händen eines festen Schrauberteams eine komplette Überholung. An den Wochenenden durften die Motorsportler die Werkstatthalle im Autocenter Nußbaumweg unter der Vorgabe, dass Montag alle Stellplätze wieder frei sind und die Werkstatt sauber, zu jeder freien Minute benutzen. Selbst der Unterboden der Rennpappe ist frisch lackiert. Da der Trabi in der engen Nebenwerkstatt oft bewegt werden musste, um aktuellen Projekten Platz zu machen, wurde allein die Vorderachse insgesamt viermal aus- und wieder eingebaut. So wurde aus der Schnapsidee ein echtes Familienprojekt und selbst Freunde, die ihre Freizeit einbrachten - zu den Tagen und Wochen des Schraubens am Trabi kamen noch einmal unzählige Stunden am Rechner sowie am Telefon, in denen recherchiert und organisiert wurde - gehören inzwischen zur Familie.

Die diesjährige Rallye Legend in San Marino ist mit der 20. Rallye zufällig auch Jubiläumsveranstaltung, was das in diesen 20 Jahren einzige Trabant-Team im Starterfeld als doppelt passend sieht, zumal diese Tatsache bei beiden gar nicht auf dem Schirm war. So kommt es, dass der Trabi mit dem Baujahr 1989, der seit dem reglementierten Ende der Gruppe H im Jahr 2016 als letzter Meister seiner Klasse im tatsächlichen Ruhestand verweilte, doch noch einmal eine Rallye auf Bestzeit fahren darf. „Hier in Deutschland fahr ich mit dem Trabant nicht mehr“, sagt Derda, der den Renner im Originalzustand als Gruppe-H-Fahrzeug belassen und eben nicht umbauen möchte. Nun kommt der Trabi 1.300 Kilometer entfernt von seiner heimischen Garage doch noch einmal aktiv auf die Strecke und das auch noch bei einer Jagd nach den Bestzeiten. Eine Platzierung ist dem frisch gebackenen Wittenberger Unternehmer dabei nicht wichtig. „Zu starten allein ist schon geil. Wann fährt man schon mal mit einem Walter Röhrl im gleichen Starterfeld!“ Röhrl ist der einzige deutsche Rallye-Weltmeister. Insgesamt stehen für ihn 14 Siege bei Rallye-WM-Läufen zu Buche.

Derda hat neben den geleisteten Vorbereitungen für die Reise in Ersatzteilen gemessen auch so ziemlich ein zweites Auto und ein Team von 25 Leuten dabei, die sich vor Ort um Service und Versorgung kümmern.

Abenteuer wird unterstützt

Selbst die Unterstützung während der Vorbereitungen zu diesem einzigartigen Abenteuer begeistert Derda sehr, denn Hilfe kam von allen Seiten der großen Rallyefamilie, ob es finanzieller Art war oder in Form gesponserter Getränke, der Gestaltung von T-Shirts, Beschaffung von Ersatzteilen oder dem Schrauben vor beziehungsweise während der Veranstaltung erfolgt, spielt dabei keine Rolle. „Ich bin stolz auf das gesamte Team, echt beeindruckt und vor allem dankbar für die vielfältige Unterstützung im Vorfeld und vor Ort.“

Benjamin Derda mit letzter Kosmetik am Armaturenbrett, und Maik Peisker sorgt für den Außenlook.
Benjamin Derda mit letzter Kosmetik am Armaturenbrett, und Maik Peisker sorgt für den Außenlook.
Foto: J. Dürr