Deutscher Philatelistentag Deutscher Philatelistentag : Tausende Briefmarkensammler treffen sich in Wittenberg

Wittenberg - 34.000 sind sie noch, und vielfach „Ü 65“, da redet der Vorsitzende der Wittenberger Briefmarkenfreunde, Richard Thomas, nicht lange um den heißen Brei herum. Nur noch 34.000 bundesweit - das Hobby Briefmarkensammeln hat es heutzutage zunehmend schwer.
In der kommenden Woche, vom 8. bis 10. September, dürfte in Wittenberg freilich ein ganz anderer Eindruck entstehen, dann nämlich werden dort viele Tausend Sammler aus der Bundesrepublik und auch aus Nachbarländern wie etwa der Schweiz erwartet. Grund ist der 115. Deutsche Philatelistentag, den - nach Gotha 2015 - nun die Wittenberger Sammler ausrichten.
Anlass für die Wahl des Austragungsorts ist diesmal ausnahmsweise nicht das Reformationsjubiläum - das allerdings durchaus eine wichtige Rolle spielen wird im Programm - sondern der Wittenberger Hans Wagner, der am 18. September 1852, also demnächst vor 165 Jahren, in der Schlossstraße Nummer 10 geboren wurde und als „der Vater aller Philatelistentage“ gilt.
Eine Tatsache, der auch der bevorstehende Sammlergipfel entsprechend Rechnung tragen wird: Am Freitag wird um 17.15 Uhr an Wagners Geburtshaus, das ist übrigens auch das Wilhelm-Weber-Haus, eine Gedenktafel enthüllt wie jene, von denen es in der Stadt und dank der Rotarier mittlerweile an die 125 Stück gibt.
Doch zurück zu den Postwertzeichen, jenen Papierstückchen, deren Wert den Nennwert bekanntlich vielfach um das x-Fache übersteigen kann. Einen guten Überblick wird man sich Thomas zufolge über alle drei Tage hinweg in der Exerzierhalle verschaffen können, die dann angefüllt sein wird mit Ständen von Händlern und Sammlern und wo ebenfalls an allen drei Tagen die so genannte German Team Challenge, eine Mannschaftsmeisterschaft mit der Bewertung der jeweils fünf besten Exponate, stattfinden wird.
115. Deutsche Philatelistentag in Wittenberg: Kostenlose Vorträge auch für die Öffentlichkeit
Dass der 115. Deutsche Philatelistentag „wesentlich mehr ist als ein Treffen von einigen Briefmarkensammlern“, wie Wittenbergs Oberbürgermeister Torsten Zugehör (parteilos) am Freitag vor der Presse erklärte, zeigt allein ein Blick ins Programm. Hochinteressante Vorträge sind angekündigt - und das Sahnehäubchen obendrauf: Die Veranstaltungen stehen auch der interessierten Öffentlichkeit offen und sind kostenfrei. Das sei eben so Tradition bei diesen Treffen, sagt dazu Richard Thomas.
Vielfältig und so bunt wie der Briefmarkenkosmos werden die verhandelten Themen sein. Schon am Freitag wird der Theologe und frühere Direktor der Lutherhalle Martin Treu einen Vortrag halten über „Der dunkle Luther: Türken, Juden und der Papst, mit einem Exkurs, warum von Hexen nicht die Rede sein kann“ (11 Uhr, Altes Rathaus).
Der lange Schatten der Stasi huscht dann am Nachmittag durch den Ratssaal, wenn Rüdiger Sielaff von der Stasi-Unterlagenbehörde (Außenstelle Frankfurt/Oder) über „Liebesbriefe - Bettelbriefe - Fanpost und Spione“ referiert - Briefe und Stasi, das war naturgemäß eine enge Beziehung (15 Uhr, Moderation: Wolfgang Böhmer, Briefmarkenfreund und Sachsen-Anhalts Ministerpräsident a. D.).
Ein besonderer Leckerbissen für Wittenberger, die sich gar nicht mal für Briefmarken interessieren müssen, verspricht eine Ausstellung in der Exerzierhalle: Erstmals nach der Wende zeigt der Antiquar Roland Lieder das Beste aus seiner rund 3 500 Stücke umfassenden historischen Postkartensammlung mit Motiven aus Wittenberg und Umgebung; zu sehen sind laut Richard Thomas 360 solcher Ansichten.
Ministerpräsident Haseloff und Oberbürgermeister Zugehör sind Schirmherren des Philatelistentags
Pünktlich zur Pressekonferenz am Freitag konnte der Vorsitzende des Wittenberger Briefmarkensammlervereins auch die druckfrische Festschrift präsentieren. Sie steht, und da ist 1517 dann doch wieder, ganz im Zeichen von „500 Jahre Reformation“. Erschienen in einer Auflage von 1.000 Stück und mehr als 150 Seiten stark, versammelt sie die Themen des 115. Deutschen Philatelistentags zum Nachlesen. Sie zusammenzustellen, muss eine Heidenarbeit gewesen sein. Er würde es jedenfalls nicht wieder tun, seufzte Thomas erfreut bei der Präsentation.
Schirmherren des Briefmarken-Gipfels sind übrigens der Ministerpräsident des Landes und Wittenbergs Oberbürgermeister. Über einen kleinen, aber nicht unwesentlichen Teil der Veranstaltung übernimmt der scheidende Bundestagsabgeordnete Ulrich Petzold (CDU) die Schirmherrschaft, nämlich über den „Salon ,Luther - Reformation - Ökumene’“, der zentralen Ausstellung in der Exerzierhalle.
Die Schau trägt im Übrigen dem Umstand Rechnung, dass - zweifellos auch dank der Aktivitäten des Wittenberger Briefmarkensammlervereins während der Lutherdekade ab 2008 in Form von regelmäßigen Sonderstempeln und weiteren Devotionalien - inzwischen eine Sammlergemeinde von über 450 Menschen aus Europa, aber auch Australien und den USA entstanden ist, die sich der Reformationsgeschichte widmen - und dies hoffentlich auch weiterhin tun. Denn Jubiläen rund um die Reformation, so Thomas, gibt es in den nächsten Jahren ja noch eine ganze Reihe. 2025 wäre Wittenberg wieder dran: Dann feiern Luther und Katharina 500. Hochzeitstag. (mz)