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Cranach-Stiftung Wittenberg Cranach-Stiftung Wittenberg: Enkelin liest Texte ihres Großvaters Hesse

Von corinna nitz 24.06.2014, 11:53
Eva Hesse las in Wittenberg Texte ihres Großvaters - und eines ihrer zahlreichen eigenen Gedichte.
Eva Hesse las in Wittenberg Texte ihres Großvaters - und eines ihrer zahlreichen eigenen Gedichte. th. klitzsch Lizenz

wittenberg/MZ - Bevor die Dokufiktion „Welt ohne Menschen“ vor einigen Jahren im Fernsehen für Furore sorgte, hat sich bereits 1910 Hermann Hesse mit Aufstieg und Untergang der Zivilisation befasst. In „Die Stadt“ beschreibt er in langen, ruhigen Sätzen die Entwicklung einer einfachen Ansiedlung zur Metropole und ihren, durch Menschen verursachten Niedergang. Am Ende ergreift die Natur Besitz von den Resten der Paläste, Tempel, Museen - „und Fuchs und Marder, Wolf und Bär bevölkerten die Einöde“. Der Film „Welt ohne Menschen“ liefert spektakuläre bewegte Bilder, doch steht Hesses Erzählung dem nicht nach. Auch sie vermag im Kopf ein Bilderkino zu entfachen von einem Szenario, das man sich im Grunde doch besser nicht vorstellen mag.

Wiederkehr nach Wittenberg

Zu hören war die Geschichte am Sonnabend im Malsaal der Cranach-Stiftung Wittenberg, vorgetragen von Eva Hesse, der Enkelin des Literaturnobelpreisträgers. Bereits 2012 war die gebürtige Schweizerin mit Wohnsitz in Italien in der Stadt, um eine Auswahl ihrer Aquarelle auszustellen. Schon damals las sie bei Cranachs eigene Texte und solche des berühmten Ahnen. Während an jenem Septemberabend die Zahl der Besucher überschaubar blieb, kann der Malsaal diesmal die Gästeschar gerade noch fassen. Begleitet wird Hesse von dem Cellisten Ulrich Thiem („Bach & Blues Dresden“), gemeinsam stellen sie die neue CD der Künstlerin vor. Unter dem Titel „H. Hesse“ vereint sie Lieblingstexte ihres Großvaters, ausgewählt hat sie „Die Stadt“ und Gedichte sowie einen Auszug aus „Siddhartha“ und die Erzählung „Der Europäer“. Eingesprochen hatte Hesse die CD im Dezember 2013 im Staatsschauspiel Dresden, später lieferte Thiem im Studio seine Improvisationen dazu. Musik und Text erklingen nie zusammen und doch sind die Celloklänge mehr als nur Ergänzung oder Abwechslung, denn dem Musiker gelingt es, Stimmungen aus den Geschichten und Gedichten aufzunehmen und in Töne umzuwandeln. Und weil Thiem auch im Malsaal improvisiert, sind es andere Klangteppiche als auf der CD.

„Er war kein Großvater, den man oft sah“

Deren „Uraufführung“ war am Vorabend in Dresden. Ob es auch dort im Anschluss an den Vortrag ins Persönliche ging, darf angenommen werden. Im Malsaal ist es Hausherrin Eva Löber, die das Publikum ermutigt, Fragen zu stellen. War Hermann Hesse ein guter Großvater? „Er war kein Großvater, den man oft sah“, sagt Eva Hesse und erzählt von den Fahrten nach Montagnola, „einmal pro Jahr“. Sie berichtet von Hesses dritter Ehefrau, die es gern gehabt hätte, dass die Kinder sie Nonna (Italienisch: Großmutter) nennen, was diese offenbar nicht taten, es gab ja schon zwei. Unter Hinweis auf den regen Briefwechsel zwischen Hermann Hesse und Thomas Mann, will der Wittenberger Theologe und Publizist Friedrich Schorlemmer wissen, ob auch sie, Eva, Post vom Großvater bekam. Eine klare Antwort bleibt sie schuldig.

Was übrigens Thomas Mann betrifft: Auch dessen Enkel, Frido Mann, war letzte Woche wie berichtet in Wittenberg. Da sage noch mal einer, hier sei nichts los.

Volles Programm: Erst improvisierte Cellist Ulrich Thiem zu Eva Hesses Lesung. Später am Abend gab er mit Andreas Böttcher ein Konzert.
Volles Programm: Erst improvisierte Cellist Ulrich Thiem zu Eva Hesses Lesung. Später am Abend gab er mit Andreas Böttcher ein Konzert.
b. mehl Lizenz