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Christian Tylsch Christian Tylsch: Ein Solist im Rampenlicht

Von Michael Hübner 21.05.2014, 12:48
Hier schaltet er ab: Mit Familienhund Oscar geht Christian Tylsch an der Elbe spazieren.
Hier schaltet er ab: Mit Familienhund Oscar geht Christian Tylsch an der Elbe spazieren. Achim Kuhn Lizenz

Coswig/MZ - Christian Tylsch liebt diese Spaziergänge mit Familienhund Oscar - „Der ist ein ganz lieber“ - an der Elbe. Hier kann der 30-Jährige vom Stress abschalten. „Ich stehe auf, wenn das Tageslicht anbricht und gehe weit nach Mitternacht schlafen“, berichtet der Coswiger. Das ist eben Alltag im Wahlkampf. Und der Politikwissenschaftler hat etwas Großes vor: Er will Wittenbergs neuer Landrat werden. Und so ist er jetzt selbst in seiner Mittagspause zwischen zwei Terminen an den Wiesen des Flusses nicht ganz allein - die Presse ist ja da. Und trotzdem ist etwas Muße, um in Erinnerungen zu schwelgen. „Hier bin ich schon als Kind herumgetollt und habe - auch wenn man es mir nicht unbedingt ansieht - gejoggt“, erzählt der 1,95 Meter große Mann, der sehr musikalisch ist. Seine erste Solopartie ist der Hänsel in der Märchenoper von Humperdinck. Besonders anspruchsvoll ist der Sarastro in Mozarts „Die Zauberflöte“. „Die Solorollen haben mich schon immer gereizt“, sagt der Sänger.

Christian Tylsch ist ein echter Coswiger. Seine Eltern eröffnen 1983 - im Geburtsjahr des Sohnes - einen Laden. Nach der Wende rechnet sich das Drogeriegeschäft durch die Kampfpreise der Discounter nicht mehr. Die Familie setzt zunächst erfolgreich auf Tee, jetzt wird Wäsche für den täglichen Bedarf verkauft. „Ich habe durch meine Arbeit im Geschäft gelernt, dass man sich kümmern muss, um etwas zu erreichen“, so der Landratskandidat

Viele Infos über den 30-Jährigen, der CDU-Fraktionschef im Kreistag ist, gibt es im Internet. Der Politiker hat eine eigene Homepage und ist bei Facebook aktiv. „Twitter werde ich aber kündigen, weil ich mit 160 Zeichen keine komplexen Sachverhalte erklären kann“, sagt er. Privat ist der Mann, der Gartenarbeit mag, Single. Ein Fotograf hat ihn aber mal beim Flirten mit der Jessener Weinprinzessin erwischt. Offiziell ging es da aber „nur“ um Wirtschaftsförderung.

Und jetzt als Erwachsener steht der Solist wieder im Rampenlicht - und zwar im politischen. Was der Wahlkämpfer auf dem Weg zum Pratauer Seniorenclub nicht weiß, seine Sangeskünste - „Ich bin schon in der Kirche aufgetreten“ - sind gefragt. Und so bekommt der Gast eine besondere Aufgabe. Er soll ein Lied anstimmen. Kein Problem. Paul Gerhardt gehört zum Repertoire des Christen. Mit einer kräftigen Männerstimme wird diese Hürde mit Bravour gemeistert. Der Bann ist gebrochen. Jetzt kann der Kandidat, der kein bisschen nervös ist, seine Themen erläutern. Dabei bezieht er seine Zuhörer geschickt ein. Es gibt Schätzaufgaben. Wie viele der 91 Hausärzte im Kreis sind unter 36 Jahre alt? Die Antwort verblüfft: Es ist ein einziger. Aber jeder vierte habe schon das sechste Lebensjahrzehnt erreicht. Deshalb müsse jetzt mit dem Blick auf 2025 gehandelt werden. An den Unis soll den künftigen Ärzten die Region schmackhaft gemacht werden. „Wir leben hier nicht in der Pampa“, sagt Tylsch und betont, dass „im Süden Deutschlands“ die Mediziner aber deutlich mehr verdienen.

Veränderung bei Unterstützung von Firmen

Dringende Veränderungen fordert der CDU-Mann auch bei der Unterstützung der Firmen. Er wolle eine Stabsstelle Wirtschaft einrichten. Die soll Durchgriffsrechte auf die Wirtschaftsförderungsgesellschaft und die Ämter haben. Und es gibt - es ist Wahlkampf - Seitenhiebe für die Verwaltung. Dabei agiert der Bewerber geschickt, greift niemanden persönlich an. Er präsentiert lediglich Zitate. So habe ein Unternehmen zum Standort Wittenberg eine Analyse erstellen lassen. In diesem Dokument werde als Risikofaktor Nummer eins die Arbeitsweise der Kreisverwaltung genannt. Manche Firma habe den Eindruck gewonnen, dass die Bürokratie übertrieben werde. „Hier muss ein Landrat als Vermittler zwischen Betrieben und Ämtern auftreten“, so Tylsch, der keinen Zweifel hat, dass die Angestellten kompetent und leistungsbereit sind. Allerdings herrsche im Haus im Moment alles andere als gute Laune. Und die schlechte Stimmung habe sich bereits auf die ehrenamtlichen Kräfte der Feuerwehren übertragen. Von echter Zusammenarbeit könne keine Rede mehr sein. Dies habe er in Gesprächen in Jessen, Gräfenhainichen und Coswig erfahren. Auch hier stehe der Verwaltungschef in der Pflicht.

24-Stunden-Job

„Alles, was ich bisher vorgeschlagen habe, kostet kein Geld. Man muss es nur wollen“, sagt der Redner. „Dafür müssen Sie aber 24 Stunden arbeiten“, kontert eine Frau. „Das habe ich vor“, sagt Tylsch und verspricht, nach dem Votum vom 25. Mai wieder zu kommen. Ob als Landrat oder - wie bisher - als CDU-Kreisgeschäftsführer, das entscheidet der Wähler.