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Biosphärenreservat "Mittelelbe" Biosphärenreservat "Mittelelbe": Das Wildobstparadies

Von henrik Klemm 11.01.2015, 15:11

Wittenberg - Im Biosphärenreservat „Mittelelbe“ befindet sich das größte und am besten untersuchte Vorkommen von Wildobst in Deutschland.

Bestand erfassen und erhalten

Diesen Bestand an Wildäpfeln und -birnen zu erfassen und zu erhalten, ist Anliegen des Förder- und Landschaftspflegevereins Biosphärenreservat „Mittelelbe“. „Insgesamt“, erklärt Piroska Patzak vom Förderverein, „haben wir in den vergangenen Jahren auf einer Fläche von 17.000 Hektar 1.162 Wildäpfel und 979 Wildbirnen erfasst.“

In ihren Wildformen zählen Obstbaumarten wie Apfel und Birne zu den Gehölzen der Hartholzauenwälder, wie sie im Biosphärenreservat „Mittelelbe“ anzutreffen sind.

Die Hartholzauenwälder sind Laubmischwälder auf nährstoffreichen Standorten mit natürlicher Überflutungsdynamik. Sie besitzen eine reich strukturierte Baum- und Strauchschicht. Baumarten sind neben dem Wildobst noch Esche, Stieleiche, Flatter- und Feldulme. Die Hartholzauen gehören zu den produktivsten und artenreichsten Wäldern in Mitteleuropa mit einer beeindruckenden Vielfalt an Pflanzen und Tieren sowie einer großen Zahl gefährdeter Arten.

Davon wurden 290 Apfel- sowie 120 Birnenbäume genetisch untersucht, um festzustellen, inwieweit die Genmerkmale durch Kreuzungen mit Kultur- oder Halbkultursorten verlorengegangen sind oder auch nicht. Denn die Annäherung ans ursprüngliche Wildobst beschreibt - vereinfacht gesagt - die „Wildheit“ der Bäume.

Das Rennen machte diesbezüglich ein sechseinhalb Meter hoher Apfelbaum, der im Dessauer Tiergarten im Schutzgebiet „Untere Mulde“ wächst. Genau diese Bäume sollen künftigen Generationen erhalten bleiben.

Bestand ist überaltert

Zunächst optimistisch stimmt indes das Gesamtergebnis der genetischen Untersuchungen: 257 Apfel- und 67 Birnenbäume sind wildformnah. „Doch der Bestand ist überaltert. Viele Bäume - besonders beim Apfel - sind von Misteln befallen, manchenorts hat der Biber zugeschlagen, zudem sind einige hohl“, berichtet Patzak.

So empfiehlt die Wissenschaftlerin etwa, ausgewählte Bäume zur Verbesserung der Lichtverhältnisse freizustellen oder deren Kronen zu beschneiden, damit sie sich besser entwickeln und vermehrt Blüten bilden können. Zudem sollten besonders wildformnahe und erhaltungswürdige Exemplare gezielt abgeerntet und vermehrt werden.

Genetische Ressourcen sichern

Das Anlegen einer Samenplantage durch Reisergewinnung und vegetative Vermehrung über Veredlung könnte außerdem helfen, die genetischen Ressourcen zu sichern. In Absprache und gemeinsam mit den Waldbewirtschaftern bzw. -besitzern müsste dann mit den Nachkömmlingen die Hartholzaue aufgeforstet werden, damit die Population stabil bleibt.

Immerhin: Der jährliche Pflanzenbedarf in den Auenwäldern wird laut Angaben des Fördervereins auf 3.800 Stück geschätzt. Eine gewaltige Aufgabe. (mz)