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Bedrohung in Piesteritz Bedrohung in Piesteritz: Die Angst kehrt zurück

Von Alexander Baumbach und Anne Nicolay-Guckland 13.05.2016, 16:54
Ramesh Lal hat Angst vor einem mysteriösen Unbekannten, der ihn vermummt und bewaffnet in seinem City-Döner bedroht hat.
Ramesh Lal hat Angst vor einem mysteriösen Unbekannten, der ihn vermummt und bewaffnet in seinem City-Döner bedroht hat. Baumbach

Piesteritz - „Ich habe mich gefürchtet. Und die Kinder auch“, erklärt Ramesh Lal. Der Inhaber des City-Döner in der Dessauer Straße in Wittenberg hat innerhalb weniger Tage mehrfach unangenehmen Besuch in seinem Imbiss bekommen. „Der Mann war vermummt, hatte einen Schal vor dem Gesicht, eine Kapuze auf dem Kopf“, beschreibt er den mysteriösen Fremden. Viel erschreckender ist aber ein weiteres Detail: Beim ersten Besuch im City-Döner soll aus dem Rucksack des Unbekannten der Griff eines Säbels oder einer Machete geragt haben.

Zu Jahresbeginn 2015 sorgten drei Raubüberfälle in Wittenberg für Aufregung. Bewaffnet mit einem Messer kam damals ein Mann, jeweils schwarz gekleidet und vermummt, in zwei Tankstellen und einen Lottoladen. Bei allen drei Taten betrat der Mann, der mit dem Fahrrad zu den Tatorten kam, die Räume und forderte Zigaretten und Bargeld. Beim letzten Überfall ging es ihm offenbar nicht schnell genug. Als der Kassierin Geldscheine aus den Händen fielen, stach er zu und verletzte die Frau im Gesicht. Die Polizei konnte ihn bis heute nicht ermitteln.

„Damit hat er mich zwar nicht bedroht, aber er hat mir gedroht, meine Döner zu vergiften und mir Leute auf den Hals zu jagen“, schildert Lal mit breitem indischen Akzent.

Der unheimliche Besuch soll sich Mitte April zugetragen haben. Nicht etwa zur Geisterstunde, sondern mittags gegen 12 Uhr. Ramesh Lal erstattet Anzeige. Zeugen gibt es nicht. Die Mühlen der Polizei beginnen zu mahlen. Ramesh Lal steht weiterhin jeden Tag im Laden, hin und wieder leistet ihm sein Sohn Gesellschaft. Er wartet auf einen Anruf der Polizei.

Wenige Tage später - es ist wieder um die Mittagszeit - betritt der Mann erneut den Laden. „Diesmal war er nicht vermummt, wollte einen Döner bestellen“, erklärt Lal. Er versucht, den Mann zur Rede zu stellen. Der leugnet alles. „Aber da hab ich sein Gesicht gesehen. Mein Sohn, der hinten gesessen hat, kam dann vor und hat ihn auch gesehen“, erklärt Ramesh Lal. Als er wenige Tage später Essen zu Kunden in der Nähe bringt, sieht er den Mann wieder. „Da ist er über die Kreuzung gegangen. Ich vermute, dass der hier hinten irgendwo wohnt“, sagt Lal.

Zwei Wochen später steht der Unbekannte dann wieder vor dem Tresen in der Dessauer Straße. Diesmal ist es Nacht. „Er stand mitten im Raum. Ich hatte Angst, zwei Teenager saßen hier und haben auf ihr Essen gewartet, auch die hatten Angst. Da kam er ganz nah an den Tresen und fragte, warum ich die Polizei eingeschaltet hätte“, schildert der Inder die erneute Begegnung. Wieder ist der Mann nicht unbewaffnet, aus dem Ärmel soll eine Klinge geragt haben, die in einem Handschuh steckte. „Die Kinder haben das auch gesehen. Nachdem der Mann gegangen war, waren die total verängstigt. An den Augen konnte man sehen, dass er entweder unter Drogen stand oder betrunken war“, erzählt der Inder.

Bei Ramesh Lal wecken die Begegnungen Erinnerungen an die Mitte der 2000er Jahre. Damals betrieb er ein Restaurant in der Straße der Befreiung. Er kommt mit seinem Vermieter in Konflikt, es geht um Nebenkostenabrechnungen. Der Streit eskaliert. Lal wird - so schildert er es selbst - in seiner Gaststätte verprügelt, mit dem Kopf gegen eine Fliesenwand geknallt und endet draußen auf dem Gehweg. Der Rettungsdienst muss kommen und nimmt den Inder mit ins Krankenhaus, wo er drei Tage bleiben muss.

Die Polizei nimmt die Anzeigen des Unternehmers ernst. „Die Wittenberger Kriminalpolizei hat einen Tatverdächtigen ermittelt, der schon wegen ähnlicher Taten in Erscheinung getreten ist. Wir prüfen jetzt, ob ihm die Taten zugeordnet werden können“, erklärt Polizeisprecher Sebastian Opitz. Ob der Täter einfach Angst verbreiten will oder gar gewalttätige oder fremdenfeindliche Absichten hegt, bleibt vorerst im Dunkeln. Es könnte aber auch viel harmloser sein: „Es gibt Zweifel an der Schuldfähigkeit des Tatverdächtigen“, sagt Opitz. Döner-Imbisschef Ramesh Lal wird diese Aussicht sicher nicht beruhigen. (mz)