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Bahngebäude Bahngebäude: Wenn diese Steine erzählen könnten

Von alexander baumbach 04.04.2013, 17:44
Der Lokschuppen in Pretzsch: In den Tagen der Dampflokomotiven brauchte man noch große Wasserhähne.
Der Lokschuppen in Pretzsch: In den Tagen der Dampflokomotiven brauchte man noch große Wasserhähne. Alexander Baumbach Lizenz

pretzsch/MZ - Von der Decke tropft Schmelzwasser im ehemaligen Pretzscher Lokschuppen. An dem alten Klinkerbau nagt der Zahn der Zeit, unterstützt von Vandalismus und Graffiti-Schmierern.

„Würde man den Bau rein wirtschaftlich betrachten, müsste man von einem Totalschaden sprechen“, erzählt Holger Krause. Er hat das Gebäude 2010 gekauft. „Die Liebe zu dieser alten Bausubstanz hat mich dazu gebracht - eigentlich wollte ich nur die benachbarte Halle kaufen“, sagt der gebürtige Rheinländer. Aus dem gleichen Grund hat er vier Jahre vorher auch schon den Bahnhof in Trebitz erworben. „Da wollte ich eigentlich mit der Familie einziehen - aber meine Tochter hat uns einen Strich durch die Rechnung gemacht. Die hat das Haus gesehen und ist dann heulend einen ganzen Tag im Wohnmobil sitzengeblieben“, berichtet Krause. Der Familienrat hat nachgegeben - jetzt wohnen sie in Kleinzerbst. Die beiden Immobilien hat Krause dennoch ins Herz geschlossen.

Museumsverein in Planung

In den Pretzscher Lokschuppen soll - wenn es nach seiner Überlegung geht - irgendwann einmal ein Technik- oder Verkehrsmuseum einziehen. „Dazu brauche ich aber Unterstützer. Ein Verein wäre ideal - gemeinsam ließe sich das sicher einfacher stemmen“, sagt Krause. Er ist dennoch zuversichtlich, bald Helfer zu finden. „In einigen Gesprächen habe ich schon herausgehört, dass es Leute gibt, die sich bei der Erhaltung der Heimatgeschichte engagieren wollen.“ Der Denkmalschutz für den Lokschuppen besteht ohnehin - aber das macht die Sache für Krause nicht einfacher. „Das treibt die Restaurierungskosten in die Höhe - aber wenn man das vernünftig plant, das Material bereitstellt und dann zügig arbeitet, müsste das zu schaffen sein.“ Vor allem das Dach müsse erst einmal geschlossen werden. Dann könne man sich an die ansonsten gute Bausubstanz machen. „Die Klinker sind von einer wunderbaren Qualität, da beißt sich der Frost die Zähne aus“, erklärt er beim Rundgang durch den Schuppen. Der wurde nur für wenige Jahrzehnte seiner eigentlichen Bestimmung gemäß genutzt, wie Krause weiß.

„Seit den 1930er Jahren war der Bau schlicht zu kurz für die modernen Dampflokomotiven, danach wurde er hauptsächlich als Gerätelager und Werkstatt genutzt. Die jetzt verschwundene Drehscheibe vor den Toren war aber noch bis in die 70er Jahre in Betrieb“, berichtet der Mann, der seine Wurzeln in der Gegend hat. Seine Vorfahren stammen aus Mügeln und Krina. Die Großmutter war bis 1977 bei der Reichsbahndirektion in Halle tätig. „Daher auch das Eisenbahnerblut“, sagt Krause verschmitzt.

Mit dem Plan, irgendwann nach Trebitz in den Bahnhof zu ziehen, hat er noch nicht völlig gebrochen. „Die Tochter ist jetzt aus dem Haus, da können wir noch mal einen Anlauf wagen“, sagt er. Unter dem Dach soll dann die große Modellbahnanlage aufgebaut werden, die der Hobby-Eisenbahner betreibt. Erdgeschoss und erster Stock sollen Wohnung werden. „Und einen Raum, in dem die Stellwerkstechnik untergebracht ist, werden wir im ursprünglichen Zustand restaurieren.“

Ein Zimmer für Neugierige

„Es kommen ja doch immer mal wieder Leute vorbei, die reinschauen wollen, wie das damals aussah“, berichtet er. Bis 1991 war der Bahnhof als solcher in Betrieb, die letzten Mieter zogen 1996 aus. „Danach stand er leer, bis auf ein kurzes Intermezzo als Filmkulisse für den ZDF-Vierteiler ,Liebesau’ im Jahr 2001“, zieht er die Parallele zum Pretzscher Pendant, das Jahre später gar in einem Hollywood-Streifen als Kulisse diente. „Wir saßen gerade auf der Terrasse, als ich meiner Frau erzählte, dass die Deutsche Bahn den Betrieb auf der Strecke einstellt, als im Abstand von fünf Minuten hier die Dampfzüge durchfuhren für den Tolstoi-Film“, berichtet er.