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Ausstellung im Alten Rathaus Ausstellung im Alten Rathaus: Dinge des Lebens von Birgit Reichenberger aus Coswig

Von Ilka Hillger 18.11.2019, 10:49
Unter dem Titel „Alles hat seine Zeit“ zeigt Birgit Reichenberger ihre Arbeiten im Wittenberger Alten Rathaus.
Unter dem Titel „Alles hat seine Zeit“ zeigt Birgit Reichenberger ihre Arbeiten im Wittenberger Alten Rathaus. Thomas Klitzsch

Coswig - Es sind seltsame Figuren, die die Bilder von Birgit Reichenberger bevölkern: Wesen mit kugelrunden Köpfen, großen Augen, nur drei Haaren und dünnen Armen und Beinen. „So sah ich mal aus“, sagt die Coswigerin. Nach einer schweren Erkrankung vor vielen Jahren brachte und bringt die Hobbymalerin diese comicartigen Figuren immer wieder auf die Leinwand und lässt sie von den großen Dingen des Lebens erzählen, von Freude und Leid, von Werden und Vergehen.

Leere Plätze an den Wänden

„Alles hat seine Zeit“ hat Reichenberger einen Zyklus überschrieben, der derzeit in einer Ausstellung im Alten Rathaus von Wittenberg zu sehen ist. In ihrem Haus in Coswig sind daher einige Plätze an den Wänden leer. „Meine Bilder gehen für einige Zeit und kommen dann wieder zurück“, so die Hobbymalerin. Verkaufen mag sie ihre Kunst, die in vielen Jahren entstanden ist, eher nicht. Wohl auch, weil die kleinen und großen Formate zu persönlich und mit eigenem Erleben verbunden sind.

Zu berichten hat die 58-Jährige schließlich einiges. Birgit Reichenberger stammt aus Leipzig, man hört das noch ein wenig, wenn sie davon erzählt, wie sie als Jugendliche den Weg zur Kirche und Gott fand. In den 1980er Jahren führte ihr Engagement in der Kirche dazu, dass ihr das Abitur verweigert wurde. Sie lernte notgedrungen Wirtschaftskauffrau und war wenig glücklich in diesem Beruf. 1986 flüchtete sie mit ihrem Mann in die BRD.

„Dann sind wir berufsbedingt viel umgezogen“, sagt sie. Im Stuttgarter Raum lebte die Familie in den vergangenen Jahren, dort wurden die beiden Töchter groß, arbeiteten Reichenbergers beide als Lehrer.

Coswig wurde vor etwas mehr als einem Jahr zum Lebensmittelpunkt des Ehepaares. Die Töchter gingen nach Berlin, die Schwiegereltern leben in Leipzig. „Wir haben etwas in der Mitte gesucht“, sagt Birgit Reichenberger. Die Wahl fiel also aus strategischen Gründen auf die Stadt an der Elbe, die bereits bei einer Pilgerfahrt im Lutherjahr erkundet wurde.

„Wir haben uns an Coswig erinnert und hier passte einfach alles.“ Als Lehrer fanden beide schnell einen neuen Job. Sie unterrichtet an der Coswiger Fröbelgrundschule, er an der evangelischen Gesamtschule in Wittenberg. „Ich habe hier meine 3b mit 20 munteren Kindern“, so die Lehrerin, die zudem auch den Religionsunterricht an der Schule gibt.

In ihm, wie auch in den anderen Fächern, versucht Birgit Reichenberger, ihren Schülern etwas über künstlerische Mittel mit auf den Weg zu geben, denn „Kinder merken sich viel eher etwas, das in Bildern vorkommt“. Mit Kunst ließen sich Themen für Mädchen und Jungen ganz anders erschließen. Reichenbergers Bilder scheinen gerade unter diesem Aspekt besonders geeignet zu sein.

So konnte sie auch in der evangelischen Gesamtschule in Wittenberg den Raum der Stille gestalten. Dabei nutzte sie eine großformatige Arbeit, die zuvor in einer Kirche in Baden-Württemberg hing und die für Konfirmanden konzipiert war. „Man kann damit Bibelarbeit betreiben“, sagt sie und berichtet von dem gemalten Kreuz, das im Dunkeln leuchtet.

Fragen an den Betrachter

Dieses Werk, wie auch viele andere, die auf der Staffelei von Birgit Reichenberger entstehen, kombiniert die Hobbymalerin immer wieder mit Bibelversen und Psalmen. „Damit möchte ich auch Fragen an den Betrachter stellen“, erklärt sie, beschränkt sich aber nicht nur auf derart deutliche Aussagen in ihren Bildern. Im Haus der Reichenbergers gibt es auch farbenfrohes Abstraktes auf Leinwänden, in der Phönix-Theaterwelt kann man noch bis Ende Dezember auf „Lebenslinien“ treffen, von denen die Hobbymalerin mittels Bäumen auf Papier erzählt.

Und weil die Neu-Coswigerin sich so ungern von den Originalen trennt, wird es beim „Markt der schönen Dinge“ eine Postkartenserie der Arbeiten geben, die im Alten Rathaus ausgestellt sind. (mz)