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Fußball Aufstand gallischer Dörfer wegen Landespokal

Abtsdorf will per einstweiliger Verfügung das „Qualifikationsspiel“ für den DFB-Pokal zwischen den HFC und 1. FCM verhindern.

Von Michael Hübner 03.05.2021, 07:00
Abtsdorf hat im Kreispokalfinale gegen Piesteritz gespielt.
Abtsdorf hat im Kreispokalfinale gegen Piesteritz gespielt. Foto: Thomas Klitzsch

Abtsdorf/MZ

- Nicht mit Markus Horsch! Der Abtsdorfer Fußballchef kämpft für Fairness im Landespokal und vor allem für den sauberen Umgang mit den Amateuren. Es geht um das so genannte Qualifikationsspiel zwischen den Profis vom HFC und dem 1. FCM. Der Sieger soll im lukrativen DFB-Pokal starten. Beide Teams haben im laufenden Cup-Wettbewerb Sachsen-Anhalts aber bisher nicht eine einzige Partie bestritten.

Abtsdorf dagegen hat mit der Qualifikation über den Kreispokal bereits sieben Begegnungen absolviert. „Dabei entstehen dem Verein auch Kosten“, betont Horsch. Die bisherige Investition der Proficlubs dagegen betrage null Cent. Und jetzt dürfen sie den Kampf ums große Geld sportlich austragen.

Kritik aus Wittenberg

An diesem umstrittenen Beschluss wirkt ein Wittenberger mit: Andre Göricke. „Ich habe die Interessen von Abtsdorf vertreten“, erzählt der amtierende Präsident des Kreisfachverbands auf MZ-Anfrage. Er habe sich aber als fast einziger Kritiker in der Runde nicht durchsetzen können.

Doch Horsch bleibt unbeugsam. Am Freitagmittag sorgt Graf Zeppelin 09 Abtsdorf aus der Landesklasse für einen Paukenschlag. Torsten Buse, der Anwalt des Vereins, stellt einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung. Der Jurist will damit das Duell der Profis am 29. Mai, dem offiziellen Finaltag der Amateure, verhindern. Der Wittenberger Experte für Vereinsrecht - „Ich bin fußballinteressiert, aber kein Fan.“ - hat auf zwölf A-4-Seiten aus seiner Sicht juristische Mängel der mächtigen Fußballchefs im Land aufgelistet.

Demnach verstoße das geplante Endspiel gegen die „Spielordnung sowie gegen den Gleichheitsgrundsatz und gegen das Gebot der Fairness.“ Nach seiner Auffassung habe es der Landesverband versäumt, in der Ausschreibung für den aktuellen Wettbewerb Pandemie-Reglungen aufzunehmen. Schließlich sei bereits im vergangenen Jahr der Spielbetrieb „erheblich beschränkt“ durch Corona gewesen. Buse ist der Überzeugung, dass laut der Fußball-Satzung nur der Verbandstag - das ist aber einer der Streitpunkte - eine Entscheidung hätte treffen dürfen.

Das geplante Quali-Spiel sei ein „gravierender Verstoß gegen das Gebot der Gleichbehandlung, der Chancengleichheit und der Fairness im Sport“. Buse deutlich: „Zumindest hätte es der Grundsatz der Fairness geboten, die Einnahmen auf alle 18 Vereine gerecht zu verteilen.“ 18 Mannschaften sind noch im Cup vertreten und jedes Team solle das gleiche Stück vom Kuchen abbekommen.

Erster Unterstützer der Abtsdorfer sind die Brachstedter. Der Landesligist, der bereits zwei Verbandsligisten ausgeschaltet hat, ist im Achtelfinale, das im nächsten Jahr ausgetragen werden soll, der Kontrahent der Abtsdorfer. Doch der Rivale erhält von dem „gallischen Dorf“ vollste Unterstützung. So bezeichneten TV-Journalisten Brachstedt, als einst Peter Neururer für drei Tage die Kicker trainierte. Mit dem Titel kann Sirko Dahlmann gut Leben. Schließlich steht es als Synonym für die Unbeugsamen. Zurückzuführen ist das auf den fiktiven Heimatort von Asterix.

„Der Landespokal ist ein Wettbewerb der Amateure. Die Idee bestand darin, den Kleinen die Möglichkeit zu geben, gegen Profis zu spielen. Die jetzige Entscheidung ist für alle Amateure die unfairste“, so Dahlmann, „viele gucken in die Röhre, zwei Profiklubs jubeln, obwohl sie kein Spiel absolviert haben.“ Und durch das Einfrieren des Pokals würden in der neuen Saison fast alle Amateurvereine außen vor bleiben.

Dagegen hätten Magdeburg und Halle gleich zwei Mal Startrecht, diese Saison und dann bei Fortsetzung des jetzt eingefrorenen Wettbewerbes.. „Die Vereine, die nächstes Jahr ausgeschlossen sind, werden hellhörig. Ich würde mich über eine breite Front freuen“, so Dahlmann.

Elster spricht von Skandal

Es droht ein Aufstand der Amateure gegen die Privilegien der Profis. „Das ist ein Skandal“, erklärt Roland Fleck. Der Manager vom Verbandsligisten Elster, ist besonders empört darüber, dass es im neuen Jahr keinen neuen Wettbewerb geben soll.

Dagegen verteidigt Jörg Bihlmeyer die Entscheidungen. Eine salomonische Lösung unter allen schlechten, findet der Vizepräsident. Zum Duell der Profis sagt er: „Es ist kein Landespokalfinale, es geht darum, dass wir den DFB-Startplatz nicht verlieren. Und die Vereine partizipieren davon.“ 25 Prozent der Erlöse aus der ersten Runde des DFB-Pokals sollen verteilt werden, dazu noch einmal 25 Prozent der Erträge im nächsten Jahr. „Halle und Magdeburg haben zugesichert, dass sie bei Erreichen der zweiten Runde noch einmal 15 Prozent der Erlöse an die anderen Vereine abtreten werden“, so Bihlmeyer.

Biehlmeyer versteht Frust

Den Frust einiger kleiner Vereine könne er gut verstehen, wenngleich die Lösung so die beste sei. Das Votum sei nach Videokonferenzen demokratisch gefallen. Dass erst jetzt massive Kritik geäußert werde, sei bedauerlich. Neben der Schelte werden aber auch keine Alternativen aufgezeigt. „Meine Idee ist es, für die ausgeschiedenen Teams im neuen Jahr einen separaten Cup zu starten“, so Bihlmeyer, der zur Aufwertung des Wettbewerbs einen Sponsor gewinnen will.

Gegen die Ansetzung des Quali-Spiels rechtliche Schritte einzulegen, „finde ich wegen des Verhältnisses zum Verband nicht schön“. Zugleich sei er sicher, dass die jetzige Entscheidung „juristisch abgeklärt ist“. Er sei optimistisch, „dass wir alles so lassen, wie es ist“.

Ralf Girke, Chef des Sportgerichts, hat im Rechtsstreit jetzt das Sagen. Er werde zuerst prüfen, ob der Antrag auf einstweiligen Verfügung die erforderlichen Voraussetzungen erfülle. Für den Anwalt ist die juristische Aufarbeitung einer Fußball-Ansetzung schon ein ganz besonderer Fall. „Ich möchte nicht der Richter sein“, sagt Lutz Lindemann in der Halbzeitpause der MDR-Liveübertragung vom Viertelfinale im Sachsen-Pokal am Samstag. Der DDR-Nationalspieler spricht von einer „schlimmen Situation“.