Arbeiten an der Aussöhnung
Bad Schmiedeberg/MZ. - Die 79-Jährige sitzt auf ihrem Bett, lächelt und führt Doktor Klaus Wentzel, Leitender Arzt und Chefarzt der Rehabilitationsklinik für Orthopädie und Gynäkologie in Bad Schmiedeberg vor, welche Fortschritte sie gemacht hat.
Edwarda Crosio ist eine besondere Patientin. Sie stammt aus Polen, aus Kalisz und wird in Deutschland kostenlos behandelt. Möglich macht das eine Initiative, die vor Jahren die orthopädische Klinik Magdeburg ins Leben rief und die den Titel "Aktive Solidarität für ehemalige Zwangsarbeiter" trägt. Inzwischen sind 80 Kliniken in Deutschland beteiligt, bundesweit wurden bereits 280 Patienten aus Polen mit oft schweren Gelenkerkrankungen operiert und nachbehandelt. Mit im Boot sind die Stiftungen "Polnisch-Deutsche Aussöhnung" und "Erinnerung, Verantwortung, Zukunft". Die Einladungen erfolgen über das Auswärtige Amt beziehungsweise die Ständige Vertretung der Bundesrepublik in Polen.
Es handelt sich samt und sonders um Zwangsarbeiter, die während des Krieges nicht selten unter gnadenlosen Bedingungen in Deutschland schuften mussten. Edwarda Crosio etwa kam 1942 als 15-Jährige ins thüringische Gotha, um dort in einem Rüstungsbetrieb zu arbeiten: "Zehn bis zwölf Stunden jeden Tag und viel zu essen haben wir nicht bekommen" erinnert sie sich an die schwere Zeit. Erst 1945 konnte sie in die Heimat zurück kehren. Jetzt wird ihr ein Stück Wiedergutmachung zuteil.
Sie hatte schwere Kniegelenkbeschwerden, in Dessau sind ihr zwei künstliche Kniegelenke implantiert worden, in Bad Schmiedeberg erfolgt die Nachbehandlung. Für Dr. Wentzel eine Selbstverständlichkeit: "Wir, oder besser unsere Vorfahren haben Schuld auf uns geladen. Jetzt beteiligen wir uns an der Aussöhnung."