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Amtsgericht Wittenberg Amtsgericht Wittenberg: "König" Peter Fitzek muss in den Knast

Von Alexander Baumbach 25.02.2016, 18:17
Mit einer Kiste voller Papiere - aber ohne Anwalt: Peter Fitzek erscheint im Amtsgericht Wittenberg.
Mit einer Kiste voller Papiere - aber ohne Anwalt: Peter Fitzek erscheint im Amtsgericht Wittenberg. Baumbach

Wittenberg - Das war knapp für den vorsitzenden Richter Ronald Waltert. Im Strafprozess gegen Peter Fitzek, den selbst ernannten „König von Deutschland“, entging er nur knapp einer vorläufigen Festnahme durch den Angeklagten - weil er sich nicht ausweisen wollte, nachdem Fitzek beim Amtsrichter Rechtsbeugung festgestellt haben will.

Geladen war Fitzek, der ohne Anwalt zur Verhandlung erschien, wegen zweier Fahrten ohne Fahrerlaubnis im Februar 2014. Außerdem soll dabei auch eine falsche Urkunde eine Rolle gespielt haben - ein gefälschter Führerschein aus Paraguay nämlich, den der „König“ in weiser Voraussicht seines Austritts aus der Bundesrepublik vorab noch rasch erworben hatte - angeblich mit Hilfe der Regierung des südamerikanischen Landes bei einem Besuch im Sommer 2012. Da wollte er ein Entwicklungshilfeprojekt des Königreichs ankurbeln.

Wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis wurde Peter Fitzek im Oktober 2013 bereits einmal zu einer Haftstrafe verurteilt. Damals hatte das Amtsgericht in Neustadt am Rübenberge (Niedersachsen) den „König“ zu drei Monaten Haft ohne Bewährung verurteilt. Das Landgericht Hannover, bei dem Fitzek Rechtsmittel gegen das Urteil eingelegt hatte, stellte das Verfahren ein. Am Mittwoch wurde am Amtsgericht in Dessau gegen Fitzek wegen des gleichen Tatvorwurfs verhandelt, der Prozess wird dort am 9. März fortgesetzt. (mz/ba)

Die Verhandlung startet pünktlich um 9 Uhr. Angeklagter und Richter kennen sich. Man einigt sich darauf, dass „König Peter I.“ nicht mit Vornamen angesprochen wird, sondern mit „Angeklagter“. Dann passiert das Malheur - Waltert rutscht mehrere Male der Nachname Fitzeks heraus. Der revanchiert sich, spricht den Vorsitzenden mit Nachnamen an. Das findet dieser gar nicht lustig. Ein Ordnungsgeld wird angedroht. Man nimmt zu Protokoll, dass es Fitzek so viel interessieren würde, als wenn in China ein Sack Reis umfiele. 300 Euro werden verhängt, Fitzek erhebt Einspruch, Waltert weist zurück - ein Wortgefecht entwickelt sich zwischen Richter und Angeklagtem, Fitzek meint, eine Rechtsbeugung im Amt zu erkennen und droht dem Richter an, ihn nach Paragraf 127 Strafprozessordnung festzunehmen, weil er sich ihm gegenüber nicht ausweisen wolle.

Im Festnehmen von Leuten ist Fitzek geübt, eine Wittenberger Ordnungsamtsmitarbeiterin kann davon ein Lied singen, sein Gefolge wollte im anschließenden Prozess wegen Körperverletzung gar auch schon mal den Richter festsetzen.

Peter Fitzek steht auf, geht zum Richtertisch und wirft Waltert 350 Euro hin. „Da sind 50 Euro Trinkgeld“, kommentiert er. Das lässt Waltert im Prozess ähnlich unkommentiert, wie den „faschistischen Richter“, mit dem Fitzek ihn zum Ende der Beweisaufnahme vergleicht - weil er sich wie im Dritten Reich behandelt fühle.

In der eigentlichen Strafsache wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis schätzt der „Souverän“ ganz nüchtern richtig ein: „Oberflächlich betrachtet geht es um eine Kleinigkeit, um ein Dokument. Tiefgründig haben Sie als Richter aber viel mehr zu entscheiden“, erklärt Fitzek. Das sieht der Richter anders - es ginge um die beiden Fahrten ohne Fahrerlaubnis, die Anerkennung des Königreichs (Waltert: „Ein Fantasieprodukt, dem jegliche völkerrechtliche Anerkennung fehlt“) stünde nicht zur Debatte. Die beiden Fahrten gibt der Angeklagte unumwunden zu (woraufhin die Zeugen entlassen werden können), den als Fälschung enttarnten paraguyanischen Führerschein will Peter Fitzek als rechtmäßiges Dokument erworben haben.

Wie ein Clubausweis

Zum Kern des Verfahrens macht „Peter I.“ wieder eine rechtsphilosophische Stammtischdiskussion auf: Eine Fahrerlaubnis stünde als Naturrecht jedem zu, der eine Prüfung absolviere. Der Führerschein sei nur der Nachweis dieser Erlaubnis. Weil er aber gleichzeitig auch eine Art Clubausweis der BRD-Autofahrer sei, und Fitzek mit der Bundesrepublik als „krimineller Vereinigung“ nichts zu tun haben wolle, gab er ihn zurück - ausdrücklich ohne auf die Fahrerlaubnis zu verzichten. Ja, sogar der Vergleich zwischen dem Königreich und einem Raucherclub wird gezogen - mit der Qualmer-Mitgliedskarte könne in deren Räumlichkeiten ja auch das geltende Nichtraucher-Schutzgesetz umgangen werden. Diese Sicht der Dinge hatte im Herbst 2015 schon das Verwaltungsgericht verworfen. Waltert bringt es noch mal auf den Punkt: „Wenn ich das Dokument zurückgebe, dann mache ich auch deutlich, dass ich auf die Rechte verzichte, die mir die Bundesrepublik Deutschland eingeräumt hat“.

Was Fitzek nämlich übersieht: Auch als Raucherclub-Mitglied darf man sich nicht in jedem Restaurant eine Zigarette anstecken. Mit seinem königlichen, selbst erstellten Führerschein mithin auch nicht darauf hoffen, auf bundesdeutschen Straßen legal zu fahren.

Das letzte Wort des Angeklagten zieht sich zäh in die Länge. Vorher in der Beweisaufnahme (handschriftlich, damit sie auch ins Protokoll kommen) hatte er schon dreifach versucht, vom Amtsrichter die Legitimität des Königreichs anerkennen oder ablehnen zu lassen - und dabei einen kompletten Ringordner an Königreichs-Unterlagen als Anlagen hinzugefügt. Nun referiert er über Völkerrecht, Naturrecht und das Grundgesetz. Richter Waltert muss mehrfach ermahnen, dass das letzte Wort in freier Rede und nicht vorbereitet von mehreren Druckseiten abgelesen werde - und vor allem Äußerungen zur Sache enthalten muss: dem Fahren ohne Fahrerlaubnis in zwei Fällen.

Dann folgt das Urteil: Sieben Monate Haft brummt Waltert Fitzek auf. Die Staatsanwaltschaft hatte neun gefordert. Es ist 10.42 Uhr im Amtsgericht in Wittenberg.

Zum Vorstrafenregister komme beim „König“ erschwerend hinzu, dass er in der Verhandlung kein Unrechtsbewusstsein erkennen lasse und die Gefahr bestehe, dass er auch weiterhin seine Taten wiederhole. Deshalb komme zur Ahndung nur noch eine Freiheitsstrafe in Betracht, die nicht zur Bewährung ausgesetzt werden soll.

Noch nicht rechtskräftig

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Peter Fitzek kündigte noch vor der Urteilsverkündung an, Rechtsmittel einzulegen. „Die Begründung liefere ich dann in den nächsten Tagen nach, dann werden wir sehen, ob wir in Berufung gehen oder vielleicht sogar eine Sprungrevision anstreben“, erklärt Peter Fitzek im Gespräch mit der Mitteldeutschen Zeitung im Pluralis Majestatis. Auch ziehe er in Betracht, wegen der vermeintlichen Rechtsbeugung von Richter Ronald Waltert Anzeige zu erstatten.

Zum Prozess im Amtsgericht ist Fitzek, der nach eigenen Angaben unter der Anschrift „Petersplatz 1, Königreich Deutschland“ lebt, selbst mit dem Auto vor- und zurückgefahren. (mz)