Ämter Ämter : Bei der Fahrzeugzulassung im Kreis Wittenberg ist langer Atem nötig

Jessen - Wer in diesen Tagen und Wochen ein Fahrzeug zulassen möchte, hat es nicht leicht. „Wir bekommen einen Termin in 14 Tagen, auch drei Wochen haben wir schon gewartet“, berichtet Uwe Schöne. Sein Autoservice am Jessener Gorrenberg ist kein beim Kreis-Zulassungsamt registrierter Dienstleister.
Deshalb wird er, wenn er dort für einen Kunden ein Fahrzeug anmelden möchte, mehr oder weniger genauso behandelt, wie eine Privatperson. Und die haben es derzeit eben schwer, zeitnah ihr rollendes gutes Stück registriert zu bekommen.
„Ich habe einen Kunden“, erzählt Schöne, „der brauchte aufgrund eines Unfalles ganz schnell ein neues Auto. ,In vier Wochen‘, so lautete die Terminauskunft in der Wittenberger Zulassungsstelle.“ Schöne hat sich daher schon mit anderen Autohändlern zusammengetan, die gemeinsam eine bestimmte Zahl an Anmeldungen bei der Zulassungsstelle vorlegen. Der einzige Weg, Termine zeitnah zu bekommen, ist, einen Termin auf gut Glück im Voraus zu vereinbaren. Egal, ob der Autohändler dann ein oder mehrere Fahrzeuge anzumelden hat. Absagen geht schließlich immer.
Dienstleister für andere
Das ist auch die Chance, die Ina Grießig nutzt. Die Schadewalderin kümmert sich im familienbetriebenen Autohof gleichen Namens unter anderem mit um die Anmeldung der verkauften Autos. Aber der Autohof Grießig ist seit September auch bei der Kreis-Zulassungsstelle registrierter Dienstleister. Das heißt, auch Fahrzeugbesitzer, die kein Auto bei Grießigs erwerben, können deren Dienste in Anspruch nehmen. Das wirkt sich positiv auf die Terminvergabe aus.
„Wir haben mit der Zulassungsstelle besprochen, dass wir einmal in der Woche einen festen Termin bekommen. Dort sagt man uns auch im Voraus, wie viele Anmeldevorgänge wir bringen dürfen. Kommenden Freitag zum Beispiel dürfen wir zehn bis zwölf Vorgänge vorlegen. Das klappt. Dafür sage ich aber einen Tag vorher Bescheid, wenn es nicht so viele Anmeldungen sind. So fair müssen wir dann auch sein. Dann kann das Amt noch weitere Termine vergeben.“ Auch sie hat wie Schöne von Kunden erfahren, dass bei einer privaten Einzelanmeldung Termine in vier bis sechs Wochen keine Seltenheit wären.
Das berichtet auch Jürgen Rehak, Inhaber des Autohofes Henze in Düßnitz. „Ein Kunde von mir hatte sich am 9. September einen Termin geholt, der lag dann am 30. September“, berichtet Rehak aus seiner Erfahrung. Er gehört zu denen, die sich zum Beispiel mit Schöne zusammengeschlossen haben, um Fahrzeuganmeldungen gesammelt vorlegen zu können. „Es ist ja auch eine finanzielle Frage“, so Rehak, „wir bekommen vom Kunden erst das Geld, wenn er sein Auto angemeldet übergeben bekommt.“
„Plexiglas reicht nicht“
Hintergrund der Kalamität ist - natürlich - die Corona-Pandemie. Die Kreisverwaltung hält seit März die Bürgerbüros in Jessen und Gräfenhainichen geschlossen. In den Zulassungsstellen in Jessen und Gräfenhainichen seien die Hygienekonzepte nicht umsetzbar, erklärt Kreissprecher Ronald Gauert. Hinzu käme, dass die Hauptzulassungsstelle in Wittenberg ebenfalls räumlich ungünstig für Abstandsregeln ausgelegt sei. „Eine Plexiglasscheibe reicht dort nicht“, sagt Gauert.
Daher ergibt sich die Pflicht zur Voranmeldung aus der Notwendigkeit, persönliche Begegnungen von Antragstellern in Wartezonen der Verwaltung auszuschließen. „Wenn ein Mensch in die Zulassungsstelle kommt und zehn oder fünfzehn Anmeldungen mitbringt, ist das Risiko geringer, als wenn jeder einzeln mit seiner Anmeldung kommt“, so der Kreissprecher.
„Wenn wir einen Termin haben, klappt das auch. Wir müssen nicht lange warten“, bekundet Ina Grießig ihre persönliche Erfahrung. Während in der Zulassungsstelle die Unterlagen bearbeitet werden, geht sie hinüber zum Schilderdienst und lässt die Kennzeichentafeln prägen. Der Vorteil dieses Verfahrens: „Wir wissen natürlich auch, wie die Formulare auszufüllen sind, wo die Unterschriften hinkommen. Das erspart unnötige Nachfragen seitens der Mitarbeiterinnen in der Zulassungsstelle“, so Ina Grießig.
Bei großem Verständnis für die Maßnahmen angesichts der Corona-Pandemie, gibt es dennoch Kritik: „Jeder fährt jetzt mit seinen Fahrzeuganmeldungen nach Wittenberg. Überall wollen wir sparen und den grünen Daumen raushängen“, sagt Uwe Schöne, „wäre es da nicht besser, die Mitarbeiterin der Zulassungsstelle käme nach Jessen?“ Aufgrund der Terminvergabe ließe sich das zweifellos organisieren, ohne dass mehrere Antragsteller sich begegnen.
Außerdem bemängelt der erfahrene Kfz-Meister, dass bis zur Veröffentlichung im jüngsten Amtsblatt des Kreises, das am Sonnabend herauskam, niemand wusste, wer zu den registrierten Zulassungsdiensten zählt.
Abgesehen davon, dass es die Kunden wiederum zusätzliches Geld koste. Er fragt auch, ob im Zeitalter der Digitalisierung nicht viel mehr online vonstatten gehen könnte. „Wenn es wenigstens die Fahrzeugabmeldungen wären. Da fahren wir wegen 7,50 Euro extra nach Wittenberg. Das ließe sich doch im Netz viel schneller abwickeln“, ist Schöne überzeugt.
Unklare Zukunft
Einen Termin für die Wiedereröffnung der beiden Außenstellen, darunter Jessen, gebe es noch nicht, so Gauert. Es gibt nicht wenige Mitbürger, die sogar skeptisch sind, ob sie überhaupt wieder geöffnet werden. Nach dem Motto: „Was einmal zu ist...“
››Als gewerbliche Dienstleister für Fahrzeuganmeldungen sind bei der Kreis-Zulassungsstelle registriert: der Autohof Grießig, Mittelbusch 1, in 06917 Jessen, OT Seyda (Schadewalde), Tel. 035387/42396, die Firma PS-Automobile in 06917 Jessen, Alte Wittenberger Straße 17, Tel. 03537/214865, sowie der Schilderdienst Schreiber, Filiale Jessen, Markt 17-19 (Sparkassengebäude), Tel. 03637/214642. (mz)